Kredite an Unternehmen
Unternehmen sind der Motor unserer Wirtschaft. Doch damit dieser Motor läuft, müssen die Unternehmen und Selbstständigen investieren können. Dafür werden oftmals Kredite benötigt. Anreize für Investitionen will die EZB mit ihrer aktuellen Niedrigzins-Politik schaffen.
Doch nutzen die Unternehmen und die Selbstständigen die derzeitig günstigen Zinsen, um Kredite aufzunehmen und Investitionen zu tätigen? Oder bleiben sie vorsichtig angesichts vorangegangener Krisen und unsicherer Zukunftsprognosen? Verschärft wird die Situatiuon gegenwärtig durch die Coronakrise. Viele Unternehmen haben eindeutig Finanzierungsbedarf, doch bekommen sie noch so einfach Kredite wie vor der Krise?
Wir haben das Zahlenmaterial der Deutschen Bundesbank aufgearbeitet und untersucht, wie sich die Kreditvergabe in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Nehmen die Unternehmen seit Start der Niedrigzins-Politik von EZB-Chef Draghi wirklich mehr Kredite auf? Oder sind die Banken nach dem Kollaps einiger Finanzhäuser 2008 vorsichtiger bei der Kreditvergabe geworden? Und wie entwickelt sich die Kreditvergabe in der Coronakrise? Unsere Statistiken liefern die Antworten.
- Im 1. Quartal 2024 legte das Volumen der an inländische Unternehmen und Selbstständige vergebenen Kredite im Vergleich zum vorherigen Quartal zwar leicht zu, der Zuwachs gegenüber dem Vorjahresquartal betrug aber noch 0,36 Prozent.
- Der Dienstleistungssektor nimmt mit 863,27 Milliarden Euro das mit Abstand höchste Kreditvolumen der unterschiedlichen Branchen in Anspruch.
- Seit 2013 wird jedes Jahr das meiste Kreditvolumen für Unternehmen und Selbstständige von Sparkassen vergeben. In Q1 2021 lag das vergebene Volumen allein dieser Bankengruppe bei 495,66 Milliarden Euro.
- Von der Fristigkeit her werden seit Jahren verstärkt langfristige Kredite nachgefragt, während die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten stagniert.
- In den nachfolgenden Diagrammen steht 03.1999 für das erste Quartal 1999, 06.1999 für das zweite Quartal 1999 usw.
Kreditvolumen
Dieses Diagramm zeigt Ihnen das gesamte Kreditvolumen, das Banken den hiesigen Unternehmen und Selbstständigen gewährt, Quartal für Quartal. Der Einbruch zur Jahresmitte 2013 bezog sich nicht auf ein konkretes wirtschaftliches Ereignis. Nach der deutschen Konjuktur liefen neue Unternehmensinvestitionen nur sehr verhalten an, die meisten Investitionen wurden darüber hinaus aus eigener Tasche getätigt. Ein neuer Konjunkturzyklus wurde erwartet. Nach dem kurzzeitigen Einbruch stiegen die Werte jedoch wieder konstant an.
Aktuell belastet die Coronakrise die Wirtschaft stark. Viele Unternehmen und Selbstständige haben hohen Finanzierungsbedarf. Dass die Kreditinstitute diesem Bedarf zumindest noch anfangs tatsächlich nachkamen, beweisen die Zahlen der Deutschen Bundesbank. Allein im ersten Quartal 2021 betrug die relative Veränderung bei der Kreditvergabe zum Vorquartal 2,5 Prozent und zum Vorjahr 3,5 Prozent.
Werte von
Veränderung gegenüber dem Vorjahresquartal
Um Aussagen über die Beschleunigung oder Verringerung der Kreditvergabe an Unternehmen und Selbstständige machen zu können, leiten wir aus den absoluten Werten die Veränderung gegenüber dem jeweiligen Vorjahresquartal ab:
Werte von
Branchen
Ein vergleichsweise sehr konstantes Bild zeigt sich bei der Aufschlüsselung der einzelnen Branchen. Kredite an das verarbeitende Gewerbe stagnieren auf niedrigem, Kredite an den Dienstleistungssektor bewegen sich auf hohem Niveau. Dass dem Dienstleistungssektor deutlich mehr Kreditvolumen zukommt, verwundert nicht – macht dieser doch fast drei Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Hier ist auch in den letzten Jahren ein stärkerer Aufwärtstrend zu erkennen.
Die Selbstständigen mussten jahrelang einen sachten Abstieg an ausgegebenen Krediten hinnehmen. Seit 2009 kehrte sich der Trend jedoch um und das Kreditvolumen steigt Quartal für Quartal, wenngleich der Anstieg gering ausfällt.
Werte von
Fristigkeiten
An dieser Stelle beleuchten wir das Kreditvolumen unterteilt nach Fristigkeiten. Kurzfristige Kredite haben eine Laufzeit bis zu einem Jahr, mittelfristige Kredite zwischen einem und fünf Jahren und langfristige Kredite entsprechend eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren.
Auffällig ist, dass 2013 ein Einbruch bei den kurzfristigen Krediten erfolgte. Dieser war jedoch weniger geprägt von einem bestimmten wirtschaftlichen Ereignis, sondern eher von der allgemeinen Unsicherheit, die die Banken mit Beginn der Eurokrise ab 2010 erfasste.
Werte von
Bankengruppen
Welche Banken vergeben wie viele Kredite? Dies haben wir im folgenden Diagramm dargestellt. Die Banken haben wir dabei unterteilt nach Kreditbanken, Landesbanken, Sparkassen und Kreditgenossenschaften.
Die Kreditbanken umfassen alle Großbanken (z. B. Deutsche Bank), Regionalbanken (Landesbanken) sowie die Zweigstellen ausländischer Banken in Deutschland (z.B. Santander Consumer Bank). Die Landesbanken entstanden als regionale Zentralinstitute der Sparkassen, wie etwa die BayernLB.
Träger der Sparkassen sind meist die jeweiligen Gemeinden und Gemeindeverbände (z. B. Sparkasse Leipzig), da die Sparkassen überwiegend öffentlich-rechtliche Geldinstitute sind – von einigen privatrechtlichen und freien Sparkassen abgesehen.
Kreditgenossenschaften sind in erster Linie Banken des Mittelstandes, also die Banken für kleinere und mittlere Unternehmen. Unterschieden wird zwischen ländlichen und gewerblichen Kreditgenossenschaften. Ein bekanntes Beispiel sind die Sparda-Banken.
Werte von
Veränderungen der Kreditvergabe zum Vorjahresquartal
Werte von
Während Sparkassen und Kreditgenossenschaften in den vergangenen Jahren immer mehr Kreditvolumen an Unternehmen und Selbstständige vergeben haben, war bei den Kredit- und Landesbanken zuletzt ein Rückgang bei der Kreditvergabe zu beobachten, wobei im 1. Quartal 2021 alle vier Bankengruppen steigende Kreditvolumina vermelden konnten. Dabei ist zu beachten, dass die Volks- und Raiffeisenbanken auch bei der Vergabe von KfW-Corona-Förderkrediten stark vertreten sind. Einem Pressebericht des Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zufolge stellt diese Bankengruppe einen Marktanteil von knapp 30 Prozent des Antragsvolumens dieser Förderkredite.
Auch hier zeigt sich, dass die Finanzinstitute im Zuge der Eurokrise unter großem Druck stehen und Geld nicht ohne weiteres verleihen. Zumal sich damit im Zuge der Niedrigzins-Phase kaum noch etwas verdienen lässt. In der Coronakrise sind die Banken und Sparkassen zwar angehalten, Selbstständige und Unternehmen mit der Kreditvergabe zu unterstützen, doch müssen sie gleichzeitig auf ihre Bilanzen achten, die nicht zu viele notleidende Kredite enthalten sollten.
Fazit
Unbeeindruckt von Krisen oder Konjunkturhochs ist die Kreditvergabe an deutsche Unternehmen und Selbstständige seit Jahren weitestgehend stabil. Zwar geben Landesbanken deutlich weniger Kredite heraus als noch vor wenigen Jahren; dies wird jedoch von der großzügigeren Kreditvergabe der Sparkassen und Kreditbanken ausgeglichen.
Dies gilt branchenübergreifend, denn weder das verarbeitende Gewerbe noch der Dienstleistungssektor oder die Selbstständigen hatten in den vergangenen Jahren mit größeren Änderungen des Kreditvolumens zu kämpfen.
Einen Kredit zu erhalten, ist für Unternehmen und Selbstständige in der Coronakrise zuletzt schwerer geworden. Eine Alternative für einen Firmenkredit bilden daher zunehmend P2P-Plattformen im Internet. Diese tauchen (noch) nicht in der Statistik der Deutschen Bundesbank auf, erfreuen sich aber bei Unternehmern wachsender Beliebtheit. Schließlich sind die Hürden für einen Kredit zumeist deutlich niedriger als bei der Hausbank.
Weiterführende Informationen
In weiteren Statistiken haben wir uns noch genauer mit den Hintergründen der Entwicklung der Unternehmenskredite beschäftigt. Zum nutzten wir dabei die Umfrageergebnisse der Bank Lending Survey. In dieser machen Banken Angaben zum Kreditgeschäft und geben Auskunft, wie sich die Kreditstandards für Unternehmen und die Nachfrage nach Unternehmenskrediten entwickelt haben.
Veröffentlicht am 04.01.2017
Letztes Update am 18.06.2024 durch Daniel Franke