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Die Überschuldung in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Den stolzen vierten Platz belegt Deutschland in der Liste der reichsten Länder der Welt im Jahr 2018, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, laut einer Studie des International Monetary Funds (IMF). Allerdings verliert die Wirtschaft Deutschlands gegenüber dem Vorjahr 2017 an Wachstumskraft. Prognosen zufolge wird das BIP statt um 2,2 Prozent (2017) im Jahr 2018 nur noch um  1,9 Prozent steigen (Statistisches Bundesamt; DIW Berlin).

Der Wachstumsrückgang bedeutet vor der Platzierung Deutschlands als eines der reichsten Länder keinen Grund zur Sorge. Dennoch geht es längst nicht allen Menschen in Deutschland wirklich gut. Schuldenberge übermannen Millionen Deutsche. Das Thema Überschuldung in Deutschland ist Kern dieser Studie, das um die Aspekte der Einkommens-, Kredit-, Spar-, sowie Konsumsituation erweitert wird und bis zur Insolvenzentwicklung reicht.

Kurzfassung

Die finanzielle Belastung pro Kopf der überschuldeten Menschen in Deutschland ist in 2017 gegenüber dem Vorjahr auf durchschnittlich 11.355 Euro gestiegen. Im Jahr 2016 lag dieser Wert bei 10.793 Euro. Gleichzeit stieg der Anteil der Personen mit harten Negativmerkmalen und der Anteil der Personen mit weichen Negativmerkmalen blieb konstant. Tendenziell wird die Lage der Betroffenen also angespannter.

Immer häufiger haben auch Senioren Bedarf an Krediten. Doch neben der Anzahl der älteren Kreditnehmer stieg ebenfalls die durchschnittliche Restschuld pro Schuldner in allen Altersgruppen der betagteren Verrbaucher an. Das sollte auch dem letzten Bankmitarbeiter klarmachen, dass hier etwas passieren muss.

Diese Wachstumsraten müssen nicht nur gedrosselt, sondern ein Vorzeichenwechsel muss erreicht werden. Denn sollten die Themen Überschuldung im Alter und Altersarmut ignoriert werden, droht unserem Land ein verheerendes Elends-Bild. Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der unsere Bevölkerung immer weiter altern lässt.

Positiv in diesem Zusammenhang kann vermerkt werden, dass es trotz Niedrig-Zinsen immer noch Deutsche gibt, die regelmäßig Geld zur Seite legen können. Es bleibt zu hoffen, dass damit nicht nur Konsumwünsche angestrebt werden, sondern auch ein sorgenfreier Lebensabend.

Ein interessantes Phänomen bringt die Analyse der historischen Schuldner-Daten zum Vorschein: Während der Finanzkrise ging die Zahl der Überschuldeten in Deutschland stark zurück, obwohl die Konsumausgaben einen konstant positiven Verlauf nahmen. Dabei wäre es ein leichtes zu denken, dass eine Finanzkrise automatisch mehr Schuldner produziert.

Eine wahrscheinliche Ursache für diese gegensätzliche und auf den ersten Blick unlogische Entwicklung könnte der allgemeine Pessimismus hinsichtlich der Zukunftsaussichten während dem Höhepunkt der Finanzkrise sein. Die Menschen halten sich zurück bei der Kreditaufnahme, wenn die Zukunft ungewiss und vielleicht sogar bedrohlich aussieht. Von 2007 auf 2008 brach die Neuvergabe von Krediten in der logischen Konsequenz dramatisch ein.

Ein aufgerollter hundert Euro Schein steht vor einer kleinen Holzschale mit mehreren gerollten Geldscheinen
© MarianVejcik / iStock / Thinkstock

Gute Kommunikation seitens diverser Vertreter aus Politik und Wirtschaft, sowie ein starkes Vertrauen der Verbraucher in die eigene Wirtschaft, kurbelten die Kreditvergabe in Deutschland aber bereits ab dem Jahr 2009 wieder an, die Konjunktur blieb bei uns in Gang.

Unglücklicherweise verläuft die ansteigende Entwicklung der Schuldner parallel. Es wäre nun allerdings ein Trugschluss zu folgern, dass positivere Aussichten die Verbraucher leichtsinnig bei der Kreditaufnahme werden lassen.

Tatsächlich nahm „Unwirtschaftliche Haushaltsführung“ als Begründung für den finanziellen Notstand in den Gesprächen bei den Schuldnerberatungen ab. Auch „Arbeitslosigkeit“, „Scheidungen“, „gescheiterte Finanzierungen“ oder „gescheiterte Selbstständigkeiten“ sind nicht ursächlich für die Zunahme der Überschuldung.

Das Statistische Bundesamt registrierte einen Anstieg beim Argument „Erkrankung, Sucht, Unfall“ für die finanzielle Misere, allerdings fällt der kaum ins Gewicht. Der Grund „Sonstige“ nahm hingegen deutlich zu. Bedauerlich, dass das Bundesamt hierzu keine Details veröffentlicht. Immerhin sind mehr als ein Viertel der Betroffenen dieser Kategorie zuzuordnen.

Nach der Analyse des Schuldner Atlas der Creditreform könnten sich dahinter u.a. die Gründe „Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen“, „Haushaltsgründung / Geburt eines Kindes“, „Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen“ verbergen.

Ebenfalls interessant ist die längerfristige historische Betrachtung. Laut dem Bericht der Creditreform steigt die Überschuldungsquote seit 2009 an. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes nimmt aber die Zahl der Verbraucherinsolvenzen seit 2008 ab.

Möglicherweise kommt es für das Jahr 2019 zu einer unschönen Trendwende: In Anbetracht der Tatsache, dass die Zahl der Menschen mit finanziellen Problemen und harten Negativmerkmalen zugenommen hat, führt der Verlauf der Privatinsolvenzen eventuell zu einem weiteren Anstieg.

Im Langzeitvergleich 2004 / 2017 zeigt sich Nordrhein-Westfalen mit Abstand als stärksten von neuen Überschuldungsfällen betroffen. Allein in diesem Zeitraum kamen 176.000 neue Fälle hinzu. Bei der Betrachtung allein des Jahres 2017 ergibt sich ein gänzlich neues Bild. Spitzenreiter ist dann Bremen (Überschuldungsquote 13,97 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt (Überschuldungsquote 12,71 Prozent) und Berlin (Überschuldungsquote 12,63 Prozent).

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Die wichtigsten 12 Ergebnisse im Überblick

  1. Zum ersten Mal seit 2008 stieg die Überschuldungsquote laut Creditreform im Jahr 2016 auf über 10 Prozent. Das bedeutet, dass jeder zehnte Deutsche über 18 zu diesem Zeitpunkt und in nächster Zukunft nicht in der Lage war, seinen finanziellen Verbindlichkeiten zur Gänze nachzukommen. Auch im Jahr 2018 hat sich die Quote bei 10,04 Prozent gehalten.
  2. 30 bis 39-Jährige sind am häufigsten von Überschuldung betroffen. Dieser seit Jahren anhaltende Trend könnte sich aber bald verändern, denn im Jahr 2018 wurden 7.000 Fälle weniger verzeichnet als noch im Vorjahr.
  3. Angehende und frische Rentner driften verstärkt in die Zahlungsunfähigkeit ab. Ihre Zahl wuchs von 2017 zu 2018 um 6,5 Prozent. Deutlich dramatischer sieht es bei der Generation 70+ aus. Der Wachstumsfaktor dieser Gruppe betrug im Jahr 2018 35,6 Prozent (2017: 11,5 Prozent).
  4. 4,13 Millionen Verbraucher befanden sich 2018 in einer dauerhaften Überschuldungsspirale (2017: 4,22 Mio.).
  5. Jüngere bauen eher Schulden bei Telekommunikationsanbietern auf als bei Banken. Mit zunehmendem Alter wandelt sich das Bild ins Gegenteil.
  6. Es ist durchaus bemerkenswert, dass die Wirtschaftskrise zur dramatischen Abnahme der Zahl der Überschuldeten in Deutschland geführt hat. Eine umgekehrte Entwicklung wäre sicherlich leichter nachzuvollziehen gewesen. Es handelt sich um ein psychologisches Phänomen.
  7. Überschuldung kommt nicht von ungefähr, meist sind existentielle Ereignisse die Auslöser. Weniger als jeder zehnte gerät durch eine unsolide Haushaltsführung in den Schuldenstrudel.
  8. Die Verteilung der Privatinsolvenzen nach Bundesland überrascht, speziell, wenn man die Verteilung auf die Einwohnerzahl umlegt. Spitzenreiter sind bei dieser Betrachtung Bremen, Saarland und Niedersachsen.
  9. Die Gehaltsentwicklung gegenüber den Verbraucherpreisen verläuft seit 2006 sehr positiv, obwohl die Verbraucherpreise insbesondere durch ansteigende Energiepreise merklich angezogen haben. Die Erhöhung der Einkommen fällt deutlich stärker aus, als die Erhöhung der Preise. Die Einkommenssituation hat sich vor allem durch die vergleichsweise hohen Tarifabschlüsse der letzten Jahre verbessert. Unter dem Strich blieb den Deutschen also mehr Geld zur Verfügung.
  10. Die Ausgaben für Konsum stiegen ebenfalls, allerdings nicht so stark wie die Einkommen. Unter dem Strich blieb daher mehr in den Geldbeuteln.
  11. Die Sparleistung der Deutschen zeigt sich wechselhaft. Sie brach in der Wirtschaftskrise ein, erholte sich aber schon ein Jahr später wieder, bevor die Tendenz wieder abnahm. 2014 und 2015 wurde entgegen der Niedrigzinsphase so viel gespart wie nie zuvor seit mindestens 2005. Im Jahr 2017 lag sie mit 9,71 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahres.
  12. Im internationalen Vergleich steht Deutschland relativ gut da, was aber kein Grund zu übertriebener Freude ist.

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Infografik zur Überschuldung in Deutschland

Zahlen und Fakten zur Verschuldung in Deutschland 2017

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Wichtige Begriffe, deren Bedeutung und ein Problem im System

Was bedeutet Überschuldung?

Von Überschuldung spricht man, wenn die Gesamtausgaben nicht mehr durch die Einnahmen zu stemmen sind. Die Gesamtausgaben schließen die Lebenshaltungskosten und die Kreditverpflichtungen ein. Die Einnahmen umfassen alle Gelder, die regelmäßig fließen wie beispielsweise Gehälter, Löhne und/oder Renten.

Wie errechnet sich die Überschuldungsquote?

Bei der Quote der Überschuldungsfälle werden alle Personen, die Negativmerkmale (harte und weiche) aufweisen mit allen Personen ab 18 Jahren ins Verhältnis gesetzt.

Was sind Negativmerkmale?

Diese Merkmale werden von der Creditreform in zwei Kategorien unterteilt. Harte Merkmale (= hohe Überschuldungsintensität) einer Person finden sich bei Schuldnerverzeichnissen, wenn für die Person eine Haftanordnung, eine eidesstattliche Versicherung und/oder eine Privatinsolvenz eingetragen ist. Ebenso zählen zu diesen Merkmalen unstrittige Inkassofälle.

Sogenannte nachhaltige Zahlungsstörungen fallen unter die weichen Merkmale (= niedrige Überschuldungsintensität). Darunter versteht man mehrmalige Mahnungsversuche mehrerer Gläubiger. Die Schufa nutzt die gleichen Formulierungen, definiert die Ausgestaltung der Merkmale jedoch etwas anders.

Das Problem: Wie verlässlich sind die Zahlen und Fakten dieser Studie?

Klemmbrett mit Diagrammen und Tabellen
© Nonwarit / iStock / Thinkstock

Das Hauptproblem für die folgende Studie ist eine fehlende zentrale Schnittstelle, die die diversen Informationsquellen zusammenfasst. Daher finden sich beispielsweise im Quellmaterial Verweise von den Bundesstellen zur Creditreform und zurück.

Alle folgenden Ausführungen drehen sich um überschuldete Personen. Das Statistische Bundesamt erhebt wesentliche Basisdaten, wie beispielsweise die Anzahl der Personen über 18 Jahre in Deutschland, die Anzahl der Haushalte oder die Anzahl der Privatinsolvenzen.

Zum Thema Überschuldung greift das Bundesamt auf etwas mehr als 1.400 Beratungsstellen zurück, die die Daten melden, die sie melden dürfen (1). Der Haken dabei: Nicht jeder Überschuldete sucht eine Schuldenberatung auf, nicht jeder Hilfesuchende gibt seine Zustimmung zur Meldung der statistischen Daten und nicht jede Schuldenberatung meldet Informationen ans Bundesamt.

Die Creditreform wird vom Bundesamt für Soziales und Arbeit als Quelle zitiert. Dennoch ist auch dieses große Unternehmen nicht zu 100% informiert. So hat die Creditreform beispielsweise keinen flächendeckenden Einblick in Verschuldungsstände von Personen bei Banken und Sparkassen.

Gleichzeitig fehlt es Auskunfteien wie der Schufa an flächendeckenden Konsumentenanalysen. Daher versucht das Unternehmen auch in diesen Markt vorzudringen, ebenso wie die Creditreform Banken an sich binden möchte. Es entsteht daher eine Wettbewerbssituation, die es schwierig macht, eine echte Markttransparenz zu erhalten.

Im Ergebnis kann die Studie daher keinen 100%igen Einblick in die Schulden- bzw. Überschuldungssituation in Deutschland liefern. Da jedoch die wichtigsten Autoritäten als Quellen herangezogen werden, liegt mit dieser Studie ein Resultat vor, das der Wahrheit sehr nah kommen dürfte.

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Rohdaten der Überschuldung im Überblick

Die folgende Tabelle der Creditreform gibt einen detaillierten Überblick über die aktuelle Überschuldungssituation in Deutschland. Wir haben die Daten mit den Schuldenlasten in Euro erweitert, um die Zahlen etwas greifbarer zu machen.

Es fällt auf, dass es gegenüber dem Vorjahr insgesamt mehr verschuldete Personen gibt. Hingegen sind aber die Überschuldungsquote und das Gesamtschuldenvolumen konstant geblieben bzw. sogar gesunken. Diese Werte kombiniert ergeben im Durchschnitt eine verringerte Schuldenlast jedes einzelnen Verschuldeten.

Die Schere zwischen harten und weichen Negativmerkmalen öffnete sich weiter. Im Jahr 2018 wurden einerseits weniger harte und andererseits mehr weiche Negativmerkmale an Personen vergeben.

Sehr deutlich sticht hervor, dass wesentlich mehr Männer die Kontrolle über ihre finanzielle Situation verloren haben, als es bei Frauen der Fall war. Im Vergleich zur Bevölkerung sind fast 13 Prozent der Männer überschuldet. Bei den Frauen sind es knapp 7,7 Prozent. Diese Werte veränderten sich gegenüber dem Vorjahr nur marginal, ein Trend ist hier also nicht zu erkennen.

Verteilung der Schulden in Deutschland
  Basiswerte 2018 Abweichung Veränderung
Überschuldete Personen gesamt 6,93 Mio. + 19.000 + 0,3 %
Überschuldungsquote 10,04% ± 0,00 Punkte   
Gesamtschuldenvolumen*  208 Mrd. € – 3 Mrd. € – 1,5 %
Schuldenlast pro Kopf 30.014 € – 186 € – 0,62 %
Personen mit harten Negativmerkmalen 4,13 Mio – 87.000 – 2,1 %
Personen mit weichen Negativmerkmalen 2,80 Mio. + 106.000 + 3,9 %
Überschuldete Haushalte 3,46 Mio. + 11.000 + 0,3 %
       
Frauen 2,70 Mio. + 21.000 + 0,8 %
Schuldenlast der Frauen 66,2 Mrd. € – 0,1 Mrd. €  
Überschuldungsquote 7,65% + 0,04 Punkte  
Männer 4,23 Mio. – 2.000 – 0,04 %
Schuldenlast der Männer 141,7 Mrd. € – 3,0 Mrd. €  
Überschuldungsquote 12,55% – 0,04 Punkte  
       
bis unter 30 Jahre 1,58 Mio. – 73.000 – 4,4 %
Überschuldungsquote 13,47% – 0,59 Punkte  
30 bis 39 Jahre 1,91 Mio – 7.000 – 0,4 %
Überschuldungsquote 18,57% – 0,36 Punkte  
40 bis 49 Jahre 1,46 Mio. – 28.000 – 1,8 %
Überschuldungsquote 13,13% + 0,25 Punkte  
50 bis 59 Jahre 1,17 Mio. + 25.000 + 2,2 %
Überschuldungsquote 8,85% + 0,04 Punkte  
60 bis 69 Jahre 0,56 Mio. + 33.000 + 6,5 %
Überschuldungsquote 5,65% + 0,17 Punkte  
über 70 Jahre 0,26 Mio. + 69.000 + 35,6 %
Überschuldungsquote 2,04% + 0,54 Punkte  

*Basiswert für mittlere Schuldenhöhe: Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017, 27.06.2018 – Der Wert für 2018 basiert auf einer Hochrechnung. Rundungsdifferenzen möglich.

Quelle: Creditreform Wirtschaftsforschung: SchuldnerAtlas Deutschland 2018, eigene Berechnungen, Zahlen sind gerundet

Die Aufteilung der Schuldenlast nach Altersgruppen gibt schon einen guten Eindruck davon, in welchem Alter wir am ehesten Gefahr laufen, in die Schuldenfalle zu geraten. Die Gruppe der 30 bis 39-Jährigen verzeichnet die meisten Einzelfälle, wie auch schon im Jahr 2017. Entgegen dem Vorjahr sind allerdings 2018 die meisten Nettozuwächse bei den über 70-Jährigen festzustellen (2017: 30- bis 39-Jährige mit 31.000 neuen Fällen).

Ältere und frische Rentner verstärkt überschuldet

Ein älterer Mann stützt seinen Kopf auf und blickt gedankenverloren in die Ferne
© Yuri / iStock / Thinkstock

Die Analyse der einzelnen Gruppen für sich offenbart, dass es speziell die angehenden oder frischen Rentner sind, die verstärkt von Überschuldung betroffen sind. Die Gruppe der 60 bis 69-jährigen vergrößerte sich um 6,5 Prozent.

Am härtesten jedoch traf es die über 70-jährigen. Die Zahl der Älteren, bei denen das Einkommen nicht reicht, um die Ausgaben zu decken, vergrößerte sich um dramatische 35,6 Prozent bzw um 69.000 Einzelfälle (2017: +11,5 Prozent bzw. +20.000 Einzelfälle).

Dem Stichwort Altersarmut kann man sich bei diesen Entwicklungen nicht entziehen. Im Augenblick sind es zwar „nur“ 0,82 Millionen Menschen, die 60 oder älter sind und ihre Schuldenlast nicht mehr stemmen können (2017: 0,71 Millionen Menschen). Die Gesamtzahl vergrößert sich allerdings sehr schnell, insbesondere bedingt durch den demografischen Wandel.

Prozentual gesehen stellt diese Gruppe noch eine Minderheit bei der Gesamtbetrachtung aller Überschuldeten dar. Die Warnzeichen sind aber überdeutlich und dürfen nicht ignoriert werden.

Hinzu kommt, dass ein junger Mensch, der noch in Saft und Kraft steht, eher die Möglichkeit besitzt, sich aus eigener Kraft aus dem Schuldensumpf zu ziehen. Bei einem älteren Menschen ist diese Möglichkeit kaum mehr vorhanden.

Zwei Tatsachen sollten der Politik hier zu denken geben: Erstens werden es rasend schnell mehr und gleichzeitig beinhaltet die Gruppe aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland immer mehr Personen. Beide Effekte potenzieren die Gefahr der Altersarmut.

So sieht die Gläubigerstruktur bei überschuldeten Kunden aus

Durch obenstehende Tabelle wurde klar, welche Schuldenlast die unterschiedlichen Altersgruppen zu tragen haben und wie sich die Masse der Schuldner in Frauen und Männer aufteilen. Die folgende Aufstellung geht der Struktur der Schulden auf den Grund.

Die nachstehende Tabelle gibt einen vertieften Einblick in die Aufteilung der Schulden bei diversen Gläubigern über die Altersgruppen hinweg.

Aufteilung der Schulden in EUR nach Altersgruppen im Jahr 2017 in Euro
  Alter in Jahren
Schulden bei/für Unter 20 20 – 25 25 – 35 35 – 45 45 – 55 55 – 65 65 – 70 Über 70
Kreditinstitute / 1.121 5.645 12.177 19.872 23.892 23.674 19.131
Versicherungen 216 261 563 740 872 749 575 /
Versandhäuser / 466 426 524 603 631 / /
öffentl. Gläubiger 660 / 2.367 3.577 2.538 3.810 1.914 2.651
Inkassobüros / 553 1.180 2.097 2.827 3.062 / 3.832
Telekommunikation 718 1.681 1.422 1.195 903 610 348 336
Vermieter / 431 817 998 1.005 718 714 592
Unterhalt / / 251 771 769 356 / /
Privatpersonen / / 347 652 766 695 / /
anderen Gläubigern 8.339 5.254 3.607 5.750 10.697 7.787 23.599 24.950
Insgesamt 9.933 8.767 16.625 28.481 40.852 42.310 50.824 51.492

Quelle: Statistisches Bundesamt, Zahlen sind gerundet

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass junge Menschen bei Banken und Sparkassen nicht so tief in der Kreide stehen, wie es bei höheren Semestern der Fall ist. Banken gewähren Antragstellern ohne gesichertes Einkommen oder Sicherheiten kaum hohe Kredite.

Die meisten Personen unter 20 stecken noch in der Ausbildung oder im Studium. Für sie sind kleinere Anschaffung interessant. Das könnte zum Beispiel die erste Wohnungseinrichtung sein, die wohl bei den meisten ohne Luxusgüter auskommt. Das erste Auto als günstiger Gebrauchter steht sicherlich auch recht weit oben in einer gefühlten Liste mit Verwendungszwecken.

Junge Frau surft mit Tablet und hält eine Kreditkarte in der Hand
© goodluz – Fotolia.com

Bei all den verschiedenen Gläubigern gibt es durch alle Altersschichten hindurch kaum eine Konstante. Auffällig sind die Verbindlichkeiten gegenüber den Versandhäusern. Die überschuldeten Personen verdoppeln zwar mit zunehmendem Alter ihre Ausstände dort, aber sie halten sie auf einer vernünftigen Höhe.

Eine hervorstechende Besonderheit liefert die Aufstellung beispielsweise bei den 20 bis 25-jährigen: Sie haben mehr als viereinhalbmal so hohe Schulden bei den Telekommunikationsunternehmen wie bei den Versandhäusern.

Wer über ein regelmäßiges Einkommen verfügt, sei es das Ausbildungsgehalt oder das BAföG, kann bei der Bank einen Dispo beantragen. Die Ausnutzung dieses Kreditrahmens spielt ebenfalls in die Statistik. Dennoch bleiben die Schulden bei den Banken verhältnismäßig klein.

Seit März 2016 sind Banken gesetzlich verpflichtet, Kunden, die dauerhaft den Dispo nutzen, eine gesonderte Beratung anzubieten.

Hintergrund

Seit dem ersten März gilt eine gesetzliche Beratungspflicht für alle Kreditgeber, wenn Kunden ihre Möglichkeit zur Kontoüberziehung dauerhaft ausnutzen. Im Detail bedeutet das, wenn der Kunde

  • Sechs Monate in Folge
  • Mehr als 75% des vereinbarten Rahmens

ausnutzt, muss die Bank ihm schriftlich ein Beratungsangebot zukommen lassen. Die Beratung soll die Konsequenzen der dauerhaften Überziehung und auch günstigere Kreditalternativen beinhalten. Der Kunde ist nicht verpflichtet von dem Angebot Gebrauch zu machen (3).

Unterschiedliche Hauptgläubiger je nach Alter

Das statistische Bundesamt hat zwei wichtige Gläubigerarten herausgestellt und sie den verschiedenen Altersgruppen zugeordnet. Das Ergebnis zeigt, dass jüngere Menschen wesentlich mehr Schulden bei Telekommunikationsanbietern machen, als es bei älteren der Fall ist. Bei Krediten von Banken ist es genau umgekehrt:

Säulendiagramm zeigt Anteil der Gründe, weshalb Schuldnerberatungen aufgesucht werden, gegliedert nach AlterQuelle: Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen – Fachserie 15 Reihe 5 (2017)

Anteil Personen bei Schuldnerberatung nach ausgewählten Gläubigerarten
Alter in Jahren Ratenkredit Telekommunikation
unter 20 / 40,3
20 – 25 11,8 67,7
25 – 35 26,7 59,7
35 – 45 36,4 49,5
45 – 55 41,4 42,4
55 – 65 44,4 33,3
65 – 70 49,6 24,8
über 70 47,1 21,7

Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen – Fachserie 15 Reihe 5 (2017)

Dieses Ergebnis verwundert nicht wirklich. Selbstredend haben jüngere Menschen einen engeren Draht zu den diversen Medien, über die sich kommunizieren lässt. Die Anbieter in diesem Bereich schüren das Feuer, richten ihre Werbung gezielt an das jüngere Publikum und bindet es mit langlaufenden Verträgen.

Wie sehr die Unternehmen von dieser Art „beinahe Kreditgeschäft“ profitieren, muss außen vor bleiben. Es ist allerdings nicht schwer vorstellbar, dass die Masse der pünktlich zahlenden Kunden die Zahlungsausfälle mehr als abfedert.

Dafür sprechen zwei Beobachtungen in diesem Zusammenhang: Erstens hat das Erreichbar-Sein und die ständige Vernetzung einen enorm hohen Stellenwert, insbesondere bei jüngeren Menschen. Schuldner werden lieber auf andere Zahlungen verzichten als diesen Status zu gefährden.

Zweitens haben alle Telekommunikationsunternehmen Zugriff auf Auskunfteien wie die Schufa und melden dort beispielsweise auch das Ausbleiben von fälligen Rechnungsbeträgen. Die Unternehmen kennen ihre Kunden also sehr genau.

Historische Entwicklung der Überschuldung

Es kann beobachtet werden, dass sich die Zahl der Deutschen insgesamt sowie die Zahl der überschuldeten Deutschen im Durchschnitt der letzten Jahren nur geringfügig verändert hat. Die Entwicklung ist jährlichen Schwankungen unterworfen, es wechselt ein Auf und Ab der Zahlen, aber auf langfristige Sicht hat sich verhältnismäßig wenig getan.

Das bedeutet gleichermaßen, dass auch das Verhältnis der Überschuldeten zum Rest der Bevölkerung seit dem Beobachtungsbeginn im Jahr 2004 relativ konstant geblieben ist. Im Jahr 2018 wuchs die Anzahl der überschuldeten Bürger, die Anzahl der Personen über 18 Jahre stieg allerdings ebenfalls an. Lediglich in den Jahren nach der Finanzkrise 2007 / 2008 ging die Schere deutlich auseinander. Während die Bevölkerungszahl stieg, nahm die Anzahl der Überschuldeten deutlich ab.

Quellen:

  • Creditreform
Jahr Einwohner ab 18 Jahren in Mio. Schuldnerquote Überschuldete Personen in Mio. Überschuldete Haushalte in Mio.
2004 67,13 9,74% 6,54 3,10
2005 67,30 10,43% 7,02 3,33
2006 67,29 10,68% 7,19 3,47
2007 67,63 10,85% 7,34 3,54
2008 67,97 10,11% 6,87 3,36
2009 68,12 9,09% 6,19 3,04
2010 68,26 9,50% 6,49 3,19
2011 68,26 9,38% 6,41 3,21
2012 68,31 9,65% 6,59 3,31
2013 67,14 9,81% 6,58 3,30
2014 67,43 9,90% 6,67 3,34
2015 67,69 9,92% 6,72 3,33
2016 68,05 10,06% 6,85 3,39
2017 68,83 10,04% 6,91 3,41
2018 69,03 10,04% 6,93 3,46

Quelle: Creditreform SchuldnerAtlas Deutschland 2018.

Es ist durchaus bemerkenswert, dass die Finanzkrise zur dramatischen Abnahme der Zahl der Überschuldeten in Deutschland geführt hat. Eine umgekehrte Entwicklung wäre sicherlich leichter nachzuvollziehen gewesen, das Ergebnis wurde aber sehr begrüßt.

Warum geht die Zahl der Überschuldeten während der Finanzkrise zurück?

Wie wir später noch sehen werden ist es keineswegs so, dass die Menschen in Deutschland während der Finanzkrise weniger konsumiert hätten. Ganz im Gegenteil, die Statistik gegen Ende der Studie belegt, dass die Ausgaben quasi ungebremst anstiegen.

Einen Erklärungsansatz liefert die Kombination der Erkenntnisse der Creditreform mit denen der GfK Gesellschaft für Konsumforschung. Letztere erhebt in regelmäßigen Abständen Information darüber, wie Privatpersonen die Entwicklung in den kommenden 12 Monaten einschätzen.

Dazu sollen die etwa 2.000 Befragten angeben, was sie denken,

  • wie sich die wirtschaftliche Lage entwickeln wird
  • wie sich das Einkommen ihres Haushalts entwickeln wird
  • ob es zurzeit ratsam sei, größere Anschaffungen zu tätigen

Zur Wahl stehen jeweils drei Antworten, die eine positive, neutrale oder negative Entwicklung beschreiben (4).

Der im Weiteren errechnete Konsumklimaindex fußt also auf den persönlichen Einschätzungen der Leute. Das heißt nicht, dass sie sich dementsprechend verhalten müssen. Wie bereits erwähnt, die faktische Entwicklung der Konsumausgaben blieb unvermindert positiv.

Die Einschätzung der künftigen Entwicklung sah allerdings bis einschließlich 2009 ziemlich trüb aus. Die Kurve dieser Werte zeigt deutliche Ähnlichkeit mit der Entwicklung der Schuldner.

Liniencharts zur Entwicklung der Schuldner und des Konsumklimaindex
© Creditreform 2016, Stand 2018

 

Eine naheliegende Vermutung schlägt daher vor, dass Menschen, die pessimistisch in die Zukunft schauen, deutlich vorsichtiger und weniger risikobereit sind, wenn es um die Aufnahme von Krediten oder anderen Verbindlichkeiten geht. Sie konsumieren nach wie vor, doch sie gehen deutlich vorsichtiger mit dem Geld um.

Kann man also davon ausgehen, dass es auch ein durchaus psychologisches Problem ist, in die Überschuldung zu geraten? Die bisherige Betrachtung untermauert diesen Gedanken. Die Grafik belegt auch, dass in den vergangenen Jahren, die Zahl der Schuldner fast parallel zum wachsenden Optimismus zunahm.

Doch das allein ist es natürlich nicht. Die folgenden Abschnitte untersuchen die Gründe für den Fall in den Schuldenstrudel und beschreiben die Entwicklung der äußeren Umstände und Rahmenbedingungen.

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Worin liegen die Gründe für ein Abdriften in die Überschuldung?

Wer sich die bisherigen Zahlen ansieht und der Meinung ist, es handle sich um schlichte Gemüter, die einfach zu sorglos mit Geld und Krediten umgehen, der macht es sich zu einfach. Klar dürfte sein, dass kein Mensch der Meinung ist, dass das Geld auf den Bäumen wächst und sich die Verbindlichkeiten ohne Weiteres in Wohlgefallen auflösen.

Menschen geraten nicht grundlos in den Schuldenstrudel aus dem sie sich oftmals nicht ohne fremde Hilfe befreien können. Das statistische Bundesamt führt auch hierüber Buch und die Daten belegen, dass 2017 im Schnitt nur nur 12,3 Prozent der Schuldner durch eine unsolide Haushaltsführung tief in die roten Zahlen geraten sind:

Säulendiagramm zeigt Hauptgründe für Überschuldung in Deutschland 2017

Hauptauslöser für die Überschuldung für die Jahre 2011 bis 2017
Merkmal 2011 2012 2013 2014* 2015 2016 2017
Arbeitslosigkeit 27,0 % 25,6 % 23,6 % 19,1 % 20,0 % 21,1% 20,6 %
Trennung, Scheidung, Tod des Partners/der Partnerin 14,0 % 14,2 % 13,6 % 12,4 % 12,5 % 13,0% 13,3 %
Erkrankung, Sucht, Unfall 12,1 % 12,7 % 12,7 % 12,1 % 13,5 % 14,7% 15,1 %
Unwirtschaftliche Haushaltsführung 11,3 % 11,6 % 11,2 % 11,2 % 9,4 % 10,9% 12,3 %
Gescheiterte Selbstständigkeit 8,3 % 8,3 % 8,3 % 8,1 % 8,1 % 8,4% 8,3 %
Zahlungsverpflichtung aus Bürgschaft, Übernahme oder Mithaftung 2,6 % 2,5 % 2,6 % 2,4 % 2,4 % 2,6% 2,7 %
Gescheiterte Immobilienfinanzierung 3,9 % 3,6 % 3,3 % 2,4 % 2,8 % 2,8% 2,4 %
Unzureichende Kredit- oder Bürgschaftsberatung 2,9 % 2,9 % 2,7 % 2,1 % 1,2 % 1,3% 1,3 %
Längerfristiges Niedrigeinkommen** – – – – 3,4 % 5,6% 7,2 %
Sonstige 18,0 % 18,5 % 21,9 % 30,2 % 26,8 % 19,6% 16,8 %
* 2014 wurden Änderungen an der Berechnung vorgenommen, was die Vergleichbarkeit einschränken kann
** Dieser Wert ist erst 2015 neu hinzugekommen

Quelle: Statistisches Bundesamt, Zahlen sind gerundet

Naturgemäß ist der Hauptgrund Nummer eins für einen Fall ins Schuldenloch die Arbeitslosigkeit. Zwischen 2011 und 2017 beobachten die Statistiker jedoch eine Abnahme der Wichtigkeit dieses Grundes. Auch gescheiterte Immobilienfinanzierungen und unzureichende Kredit- oder Bürgschaftsberatungen sind immer seltener ein Grund für Überschuldung geworden.

Alles andere als erfreulich ist die Entwicklung bei Erkrankungen, Sucht oder Unfall. Hier stieg die Häufigkeit der Nennung von 12,1 auf 15,1 Prozent.

Leider schlüsselt das Bundesamt nicht auf, was sich hinter „Sonstige“ verbirgt. Immerhin fällt mit 16,8 der Befragten im Jahr 2017 ein großer Anteil in diese Kategorie.

Laut Creditreform könnte es sich unter anderem um folgende Aspekte handeln:

  • Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen
  • Haushaltsgründung / Geburt eines Kindes
  • Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen
  • Etc.

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Auswirkungen der Schulden – Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen

Irgendwann gibt es keinen Ausweg mehr. Der Schuldner kann aktuell und auf absehbare Zeit seine Schulden nicht zurückbezahlen. Außergerichtliche und gerichtliche Schlichtungsverfahren blieben erfolglos. Ihm bleibt nur der steinige Weg durch die Privatinsolvenz. Lange Jahre des sogenannten Wohlverhaltens stehen vor ihm und ein strenger Sparplan muss eingehalten werden.

Nach sechs Jahren winkt dafür der Lohn: Dem Schuldner werden die Restschulden erlassen und er kann befreit einen Neuanfang wagen. Folgende Entwicklung verzeichneten die Statistiker in den vergangenen Jahren:

Entwicklung Privatinsolvenzen 1999 bis 2017
Entwicklung Privatinsolvenzen 1999 bis 2017
Anzahl Verbraucherinsolvenzen
Jahr Eröffnete Verfahren Mangels Masse abgewiesene Verfahren Plan zur
Entschuldung angenommen
Verfahren insgesamt Anteil der Schuldenpläne an den Verfahren
1999 1.634 1.496 227 3.357 6,76%
2000 6.886 2.449 1.144 10.479 10,92%
2001 9.070 2.552 1.655 13.277 12,47%
2002 19.857 489 1.095 21.441 5,11%
2003 32.131 244 1.234 33.609 3,67%
2004 47.230 252 1.641 49.123 3,34%
2005 66.945 279 1.674 68.898 2,43%
2006 94.389 285 1.912 96.586 1,98%
2007 103.085 361 1.792 105.238 1,70%
2008 95.730 391 2.019 98.140 2,06%
2009 98.776 429 1.897 101.102 1,88%
2010 106.290 495 2.013 108.798 1,85%
2011 101.069 419 1.801 103.289 1,74%
2012 95.560 354 1.694 97.608 1,74%
2013 89.207 342 1.651 91.200 1,81%
2014 84.443 271 1.584 86.298 1,84%
2015 78.436 240 1.671 80.347 2,08%
2016 75.169 282 1.787 77.238 2,31%
2017 69.960 256 1.680 71.896 2,34%

Quelle: Statistisches Bundesamt (Statistisches Jahrbuch 2017), eigene Berechnungen

Der Verlauf der Statistik macht Mut: Seit 2010 werden immer weniger Insolvenzanträge eröffnet. Die Zahl der Schuldenbereinigungspläne scheint zu stagnieren, im Verhältnis zu den gesamten Verfahren steigt der prozentuale Anteil jedoch seit 2012.

Privatinsolvenzen nach Bundesländern

Spontan nach dem Bundesland gefragt, das die meisten Insolvenzanträge verzeichnet, erfolgt sicherlich bei nicht wenigen eine klischeegeprägte Einschätzung. Die harten Zahlen dürften aber doch den einen oder anderen etwas überraschen und ein kleines Aha-Erlebnis hervorrufen.

Das Land, das mit enormem Abstand die Hitliste der Insolvenzanträge anführt, ist Nordrhein-Westfalen. Mit einigem Abstand folgt Niedersachsen, bevor Bayern und Baden-Württemberg die Plätze Drei und Vier belegen.

Die darauffolgenden Ränge heben sich zahlenmäßig nicht mehr so stark voneinander ab.

Anzahl Verbraucherinsolvenzen je Bundesland
Bundesländer Verfahren insgesamt 2017
Nordrhein-Westfalen 18.167
Niedersachsen 10.355
Bayern 7.020
Baden-Württemberg 6.188
Hessen 3.997
Berlin 3.367
Schleswig-Holstein 3.237
Rheinland-Pfalz 3.209
Sachsen 3.086
Brandenburg 2.767
Sachsen-Anhalt 2.626
Hamburg 1.939
Thüringen 1.746
Mecklenburg-Vorpommern 1.724
Saarland 1.346
Bremen 1.122

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)

Die Logik hinter den Zahlen scheint auf den ersten Blick recht schnell mit der Bevölkerungsanzahl erklärt zu sein. Daher brechen wir im Folgenden die Zahlen herunter und legen die Anzahl der Verbraucherinsolvenzen über die Einwohnerzahlen der Bundesländer. Plötzlich entsteht ein ganz anderes Bild:

Bundesländer Eröffnete Insolvenz-verfahren 2017 Eröffnete Insolvenz-verfahren 2016 Einwohner (EW, Stand: 31.12.2016) Verfahren 2017 je 1.000 EW Verfahren 2016 je 1.000 EW*
Bremen 1.097 1.230 678.753 1,62 1,83
Saarland 1.332 1.461 996.651 1,34 1,47
Niedersachsen 10.102 10.818 7.945.685 1,27 1,36
Sachsen-Anhalt 2.592 2.641 2.236.252 1,16 1,18
Schleswig-Holstein 3.200 3.256 2.881.926 1,11 1,14
Brandenburg 2.735 2.870 2.494.648 1,10 1,16
Hamburg 1.932 2.084 1.810.438 1,07 1,17
Mecklenburg-Vorpommern 1.662 1.618 1.610.674 1,03 1,00
Nordrhein-Westfalen 17.733 19.323 17.890.100 0,99 1,08
Berlin 3.245 3.345 3.574.830 0,91 0,95
Thüringen 1.689 1.774 2.158.128 0,78 0,82
Rheinland-Pfalz 3.114 3.207 4.066.053 0,77 0,79
Sachsen 3.056 3.352 4.081.783 0,75 0,82
Hessen 3.775 4.527 6.213.088 0,61 0,73
Bayern 6.872 7.657 12.930.751 0,53 0,60
Baden-Württemberg 5.824 6.006 10.951.893 0,53 0,55
* basierend auf den Einwohnerzahlen 2015

Quelle: Statistisches Bundesamt (Statistisches Jahrbuch 2017, Destatis), eigene Berechnungen

Bayern und Baden-Württemberg (jeweils 0,53 Verfahren je 1.000 Einwohner) bilden nun die Schlusslichter und bestätigen ihren Ruf als wohlsituierte Länder. Kein Vergleich zu Bremen, wo 2017 ein Vielfaches an Insolvenzanträgen gestellt wurde.

Privatinsolvenzen nach Bundesländern 2017
Privatinsolvenzen nach Bundesländern 2017

 

Natürlich kann diese Betrachtung keine Gründe für die regionalen Unterschiede liefern, geschweige denn Handlungsempfehlungen für die besonders betroffenen Bundesländer formulieren. Die Aufstellung liefert allerdings einen tieferen Blick in die Statistik, setzt die bloßen Zahlen ins rechte Verhältnis und räumt so mit möglichen Vorurteilen auf.

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Die Marktumstände, innerhalb derer es zu Überschuldungen kommt

Ein Mann sitzt vor einem Laptop der Diagramme und Daten zeigt
© shironosov / iStock / Thinkstock

Eine eindeutige Antwort für die Frage nach den Gründen der Überschuldung kann es nicht geben. Zu unterschiedlich sind die individuellen Lebensbedingungen und Lebensstile. Um dennoch möglichst nah an die Wahrheit heranzukommen, sind die Marktumstände von großem Interesse.

Wie haben sich die Rahmenbedingungen für Deutschlands Bürger in den letzten Jahren entwickelt? Gibt es vielleicht äußere Umstände, die dem Abdriften in den Schuldenkreislauf Vorschub leisten? Haben wir unser Verhalten verändert? Von zentraler Bedeutung sind aus unserer Sicht sechs Faktoren:

  • Die Einkommenssituation bzw. deren Entwicklung
  • Die Höhe der Verbraucherpreise
  • Die Konsumausgaben
  • Die Kosten für geliehenes Geld
  • Die Entwicklung der Kreditvergabe
  • Das Sparverhalten

Leider lagen dem statistischen Bundesamt zum Redaktionsschluss die Zahlen für die Einwohner Deutschlands ab 18 Jahren in 2017 noch nicht vor, so dass die von uns kalkulierten Werte nur bis zum Jahr 2016 reichen.

Da sich die vorliegende Studie mit Überschuldung beschäftigt und Minderjährige keine Kreditverträge abschließen bzw. nur bedingt selbstständig Schulden machen können, gehen wir im Folgenden nur von Bundesbürgern ab 18 Jahren aus.

Einkommenssituation und deren Entwicklung

Das Statistische Bundesamt ermittelt jedes Jahr die Höhe des durchschnittlichen monatlichen Nettolohns beziehungsweise Nettogehalts je Arbeitnehmer in Deutschland. Die Einkommensentwicklung seit 2000 ist mit nachfolgendem Diagramm bildlich nachvollziehbar.

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Seit dem Beginn des Betrachtungszeitraums im Jahr 2000 wuchs das durchschnittliche Monatseinkommen der deutschen Arbeitnehmer mäßig, 2006 musste sogar ein kleiner Rückgang verzeichnet werden. Im Jahr 2010, nachdem sich die Wirtschaft von der weltweiten Finanzkrise erholt hatte, legte das jährliche Wachstum stark zu und hielt an seinem Trend ungebrochen bis 2017 fest.

Ein Blick auf die prozentuale Veränderung zur Vorperiode zeigt die reine Veränderung noch genauer:

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Entwicklung der Verbraucherpreise

Steigende Gehälter pro Kopf sprechen grundsätzlich gegen eine Zunahme der Überschuldung. Schließlich steht ja im ersten Moment mehr Geld zur Verfügung. Wenn gleichzeitig aber das Preisniveau anzieht, könnte das die Gehaltssteigerung auffressen und so bliebe trotz Gehaltserhöhung ein Fehlbestand im Portemonnaie.

Um alle relevanten Ausgaben der Deutschen zu berücksichtigen greifen wir bei dieser Betrachtung auf den Verbraucherpreisindex (VPI) zurück. Alle fünf Jahre wird dazu ein Warenkorb zusammengestellt, der die Ausgaben der Deutschen und deren jeweilige Höhe erfasst. Geben wir für einen Artikel nur noch wenig Geld aus, weil er uns nicht mehr so wichtig ist, wird er durch einen anderen und für uns bedeutenderen ersetzt (5).

Der Verbraucherpreisindex orientiert sich an einem Basiswert und hält die Veränderung zu eben diesem Wert fest. Das Jahr 2010 wurde als Basis gewählt und der Verbraucherpreisindex wurde zu diesem Zeitpunkt mit 100 definiert.

Das statistische Bundesamt erfasst den Index monatlich, was für unsere Betrachtung aber zu granular und mit anderen Werten daher nicht vernünftig vergleichbar ist. Wir haben die Werte daher als Mittelwerte der angegebenen Jahre errechnet.

Der Basiswert liegt bei 100 Punkten und wurde im ersten Halbjahr 2010 erreicht. Liegen die Preise über dem Basiswert, werden sie entsprechend einen Wert größer als 100 Punkten aufweisen. Im ersten Quartal 2018 beispielsweise lag der VPI bei 110,7 Punkten. Das bedeutet, dass der Warenkorb für die deutschen Verbraucher 10,7 Prozent teurer war, als es noch 2010 der Fall war.

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt

Da die Skala dieses Diagramms nicht vergleichbar ist mit der des Diagramms zur historischen Entwicklung der Nettogehälter, zeigen wir auch für den Verbraucherpreisindex eine Veränderung von Jahr zu Jahr.

Quellen:

  • Bundesbank, eigene Berechnungen

Werden die Diagramme zur prozentualen Entwicklung der Nettogehälter und zur prozentualen Veränderung des Verbraucherpreisindexes miteinander verglichen, ist zu erkennen, dass die Gehälter und Löhne stärker zunahmen als der Verbraucherpreisindex. Demzufolge stand den Konsumenten mehr Geld zur Verfügung.

Konsumausgaben der letzten Jahre

Die Konsumausgaben der Bevölkerung schwanken enorm im Jahresrhythmus. Am Ende des Jahres werden Kfz-Steuern und Versicherungen fällig, Weihnachten steht vor der Tür und vielleicht wird auch schon der kommende Urlaub gebucht.

Die ersten drei Monate des Jahres sind erfahrungsgemäß von Zurückhaltung bei den Ausgaben geprägt. Zum zweiten und dritten Quartal hin steigen sie wieder deutlich an, bis sie im vierten Quartal den Höhepunkt erreichen. Dieses Schema setzt sich beständig fort.

Da dieses Phänomen jedes Jahr beobachtet werden kann, ergibt sich auf Jahresbasis ein recht gemäßigter Verlauf. Auch diese Größe wird als Index erfasst und dabei ist wieder das Jahr 2010 als Basis mit 100 Prozent definiert worden:

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt 2018

Es wird deutlich, dass die Ausgaben für Konsum kontinuierlich ansteigen. Diese, auch politisch gewollte, Entwicklung half unserer Volkswirtschaft dabei, die Finanzkrise verhältnismäßig unbeschadet zu überstehen. Folgendes Diagramm greift die Veränderung in Prozent von Jahr zu Jahr auf:

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt 2018, eigene Berechnungen

Zum zweiten Teil der Studie

 


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Inhaltsverzeichnis

  • Kurzfassung
  • Die wichtigsten 12 Ergebnisse im Überblick
  • Infografik zur Überschuldung in Deutschland
  • Wichtige Begriffe, deren Bedeutung und ein Problem im System
  • Rohdaten der Überschuldung im Überblick
  • Worin liegen die Gründe für ein Abdriften in die Überschuldung?
  • Auswirkungen der Schulden – Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen
  • Die Marktumstände, innerhalb derer es zu Überschuldungen kommt
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