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Mieterhöhung bei Modernisierung nicht immer zulässig

Der Bundesgerichtshof verhandelte eine Klage, in der die Rechtmäßigkeit einer Mieterhöhung nach einer Modernisierung auf der Tagesordnung steht. Paragraf 559 BGB gesteht dem Vermieter eine Anpassung von acht Prozent nach erfolgter Modernisierung zu (1). Bei der aktuellen Verhandlung wird allerdings ein Härtefall diskutiert. Die Klage und die Ergebnisse der Vorinstanzen und des BGH im Detail:

Wichtigste Details

  • Mieterhöhungen nach Modernisierungen sind nicht generell zulässig.
  • Härtefallregelung bei ALG II-Bezug kann Mieterhöhung gemäß Paragraf 559 BGB für nichtig erklären.
  • Balkonvergrößerungen stellen ab einer gewissen Quadratmeterzahl keine Anpassung an Wohnstandard mehr dar.

Die Ausführungen des Klägers

Der Kläger, ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, lebt in Berlin allein in einer 86 Quadratmeter großen Wohnung. Den Mietvertrag schlossen seine Eltern, mit denen er früher dort seit seinem fünften Lebensjahr zusammenlebte, im Jahr 1962 ab. Das Mehrfamilienhaus selbst stammt aus dem Jahr 1929. Die zum Zeitpunkt der Klage aktuelle Miete belief sich auf 574,34 zuzüglich einer Heizkostenvorauszahlung von 90 Euro im Monat. Der Mietkostenzuschuss vom Arbeitsamt betrug 463,10 Euro.

Die beklagte Vermieterin nahm folgende Baumaßnahmen vor, die zu einer Erhöhung der Kaltmiete um 240 Euro monatlich führten:

  • Vergrößerung der Balkone auf fünf Quadratmeter.
  • Wärmedämmungsmaßnahmen an den Außenwänden und der obersten Geschossdecke.
  • Reaktivierung eines Aufzugs, der seit vielen Jahren nicht zur Nutzung zur Verfügung stand.

Die Mieterhöhung gliederte sich im Einzelnen wie folgt auf:

  • 100 Euro für die Balkonerweiterung
  • 70 Euro für die Dämmungsarbeiten (4,16 Euro entfallen auf die oberste Geschossdecke)
  • 70 Euro für die Fahrstuhlnutzung

Der Kläger argumentierte darauf hin, dass die Mieterhöhung in dieser Form für ihn eine unbotmäßige Härte darstelle. Die Klage beim Amtsgericht auf Nichtzahlung der Mieterhöhung wurde abgewiesen. Einzig die Zahlung für den Aufzug sei nicht zu leisten (2).

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Urteil des Landgericht Berlins

Der Kläger ging in Berufung, die Klage wurde am Landgericht Berlin vorgetragen. Hier vertraten die Richter eine vollständig andere Auffassung als das Amtsgericht Charlottenburg.

Zunächst stellten die Richter fest, dass der Kläger aufgrund seines Härteeinwandes nur zur Zahlung von 4,16 Euro, dem Anteil für die Wärmedämmung für die oberste Geschossdecke, verpflichtet sei.

Sowohl die Kosten für den Balkonanbau als auch die Kosten für den Aufzug und die Dämmung der Außenfassade seien aufgrund der Härtefallregelung nicht vom Mieter zu übernehmen. Die Richter führten weiter aus, dass der Kläger im Falle der Mietzahlung vermutlich gezwungen sei, die Wohnung aufzugeben. Dass eine 86 Quadratmeter große Wohnung für einen alleinwohnenden Bezieher von ALG II unverhältnismäßig sei, stand nicht zur Diskussion, da dies kein Kriterium bei der Abwägung der Vorgaben des Paragrafen 559 Abs. 4 Satz 1 BGB sei.

Der in diesem Paragrafen angeführte Härteeinwand diene gerade dazu, auch Beziehern geringerer Einkommen den Verbleib in ihrer Wohnung nach einer durchgeführten Sanierung zu ermöglichen. Da der Mieter bereits seit seiner Kindheit in der Wohnung lebt, könne ihm auch niemand vorhalten, dass er mit Beginn des Mietverhältnisses bereits über seine finanziellen Verhältnisse gelebt hätte.

Allgemein üblicher Zustand vs. Wohnwerterhöhung

Den Mehraufwand für den Balkon wies das Gericht mit dem Hinweis ab, dass in Berlin ein Balkon ab vier Quadratmetern keinen Standard, sondern eine wohnwerterhöhende Maßnahme darstelle. Bei der Fassadendämmung handle es sich gemäß Paragraf 555 b BGB um eine nicht vom Vermieter zu vertretende energetische Sanierung. Diese basiert nicht auf einer Erhaltungsmaßnahme gemäß Paragraf 555 a BGB (3).

Darüber hinaus hielten die Richter am Landgericht der Beklagten vor, dass sie es unterlassen habe, darauf hinzuweisen, dass der Instandhaltungsbedarf zehn Prozent der Außenfläche überstieg. Dazu sei sie jedoch auf der Grundlage der Energiesparverordnung verpflichtet gewesen (LG Berlin – 64 S 197/17).

Die Beklagte hoffte nach diesem Urteil auf den BGH, den sie im Rahmen der Zulassung zur Revision angerufen hat. Am Berliner Urteil ist interessant, mit welcher Begründung (unterlassene Informationen und Wohnwerterhöhung) die Klage abgewiesen wurden.

Urteil des Bundesgerichtshofs

Im Revisionsverfahren fand die Wohnungsgröße dann doch noch Berücksichtigung. Die beklagte Vermieterin machte geltend, dass für einen Einpersonenhaushalt nach den für staatliche Transferleistungen geltenden Vorschriften lediglich eine Wohnfläche von 50 Quadratmetern als angemessen angesehen werde. Die Wohnung des Arbeitslosengeld II-beziehenden Klägers übersteigt mit knapp 86 Quadratmetern diese Vorgabe allerdings deutlich. Eine den Härtefall berücksichtigende Entscheidung des Berufungsgericht sollte nicht darauf hinauslaufen, dass der Vermieter den „Luxus“ des Mieters finanzieren muss.

Die Beanstandungen der Vermieterin fanden weiterhin keine Berücksichtigung. Der Umstand der im Vergleich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu großen Wohnung ist zwar bei der Abwägung der Interessen beider Parteien gemäß § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Der Sachverhalt liegt allerdings nicht bereits automatisch vor, wenn der Mieter eine Wohnung nutzt, die gemessen an den Vorgaben zu staatlichen Transferleistungen oder an den Vorschriften für die Bemessung von Zuschüssen für den öffentlich geförderten Wohnungsbau zu groß ist. Diese Vorgaben sollen nämlich gewährleisten, dass Bezieher dieser sozialen Leistungen nicht auf Kosten der Allgemeinheit in zu großen Wohnungen leben. Stattdessen soll hier gemäß BGB die Frage behandelt werden, ob der Mieter trotz Mieterhöhung und Refinanzierungsabsichten des Vermieters seinen Lebensmittelpunkt beibehalten darf.

Dem Mieter kommt in diesem Fall außerdem Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetztes mit dem Schutz der Eigentumsgewährleistung entgegen. Verschiedene Umstände in diesem Einzelfall, insbesondere die lange Mietzeit von schon rund 55 Jahren und der damit einhergehenden tiefen Verwurzelung zur Wohnanschrift, führen dazu, dass der Bundesgerichtshof zum Vorteil des Mieters und zum Vorliegen einer unzumutbaren Härte entschieden hat.

Der Streitfall ist daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Weitere Informationen zum Urteil finden Sie unter dem Aktenzeichen VIII ZR 21/19 (BGH-Urteil vom 9. Oktober 2019).

 


Quellen und weiterführende Links

(1) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 559 Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen
(2) Bundesgerichtshof – VIII ZR 21/19 (Härteeinwand bei Modernisierungsmieterhöhung)
(3) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 555a Erhaltungsmaßnahmen

 


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Inhaltsverzeichnis

  • Die Ausführungen des Klägers
  • Urteil des Landgericht Berlins
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