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Betrug um Corona-Soforthilfen

Schnelligkeit zu Lasten der Sicherheit

Inhaltsverzeichnis

Mit den Corona-Soforthilfen wollte der Staat betroffenen Firmen und Selbstständigen schnell und unkompliziert die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, um die Coronakrise zu meistern. Schnell hieß, die üblichen bürokratischen Hürden zu umgehen und teilweise auf vollständig digitalisierte Prozesse zu setzen. Schnell hieß auch, auf die Ehrlichkeit der Antragsteller zu vertrauen und Validierungsprozesse außen vor zu lassen. Ein halbes Jahr später wird nun deutlich, dass Kontrollmechanismen den Staat vor einem Schaden in einer Größenordnung von Hunderten von Millionen Euro geschützt hätten. Wie sehen die Zahlen im Einzelnen aus?

Wichtigste Details

  • Berlin an der Spitze bei Betrug um Coronahilfen vor Nordrhein-Westfalen (1)
  • Bundesweiter Schaden in einer Größenordnung von 100 Millionen Euro erwartet (1)
  • KfW-Förderkredite komplexer als Soforthilfe, aber ebenfalls für Betrug anfällig
  • Unrechtmäßige Zahlungen auch bei Kurzarbeitergeld vermutet (4)

Berlin – die „Hauptstadt“ der Coronahilfen

Berlin hat im Zusammenhang mit Coronahilfen seiner Position als Hauptstadt alle Ehre gemacht. Mit durchschnittlich 1,528 Anträgen pro Unternehmen verzeichnete das Land mehr als doppelt so viele Anfragen wie Thüringen mit 0,744 Anträgen pro Unternehmen. Berlin wurde, das muss man auch anmerken, förmlich überrollt. Das Land ging von 170.000 Antragsberechtigen aus, erhielt aber 246.000 Anfragen.

Die Soforthilfevergabe in Deutschland in der Übersicht:

Höhe der Coronahilfen für Unternehmen in Deutschland

In Berlin wurde zuerst deutlich, dass das System Mängel aufwies. Die Hilfen wurden ohne Prüfung im Windhundverfahren vergeben. Wer schnell Geld wollte, zu Recht oder nicht, bekam es. Als diejenigen ihre Anträge stellten, die es zunächst ohne Landesunterstützung versucht hatten, waren entweder die Töpfe leer oder die Antragsportale bereits wegen auffälligen Missbrauchs gesperrt. Diese Erfahrung machte auch unsere Redaktion, als wir zur Soforthilfe der einzelnen Bundesländer recherchierten.

Mit durchschnittlich 11.169,02 Euro an Hilfsmitteln pro Unternehmen lag die Hauptstadt unangefochten an der Spitze der Länder. Sächsische Firmen folgten mit durchschnittlich „nur“ 9.456,39 Euro pro Unternehmen oder Selbstständigem auf Platz Zwei. Die folgende Tabelle zeigt die Aufschlüsselung für alle Bundesländer, aufgeteilt nach der jeweiligen Anzahl der Unternehmen:

Coronahilfen pro Bundesland und Unternehmen
  Anzahl der Unternehmen Anzahl der Anträge Anträge pro Unternehmen Coronahilfen (in Mio. Euro) Coronahilfen pro Unternehmen (in Euro) Anteil pro Unternehmen (in Prozent)
Baden-Württemberg 452.447 242.000 0,535 2.230 4.928,75 0,00022
Bayern 616.315 325.000 0,527 2.242 3.637,75 0,00016
Berlin 160.981 246.000 1,528 1.798 11.169,02 0,00062
Brandenburg 91.744 63.000 0,687 555 6.049,44 0,00109
Bremen 22.501 12.000 0,533 77 3.422,07 0,00444
Hamburg 93.261 55.000 0,590 524 5.618,64 0,00107
Hessen 249.460 106.000 0,425 951 3.812,23 0,00040
Mecklenburg-Vorpommern 55.642 36.000 0,647 345 6.200,35 0,00180
Niedersachsen 280.699 140.000 0,499 914 3.256,16 0,00036
Nordrhein-Westfalen 666.453 430.000 0,645 4.500 6.752,16 0,00015
Rheinland-Pfalz 155.480 69.000 0,444 543 3.492,41 0,00064
Saarland 34.343 20.000 0,582 177 5.153,89 0,00291
Sachsen 146.779 102.000 0,695 1.388 9.456,39 0,00068
Sachsen-Anhalt 64.208 37.000 0,576 288 4.485,42 0,00156
Schleswig-Holstein 116.208 54.000 0,465 406 3.493,74 0,00086
Thüringen 72.615 54.000 0,744 320 4.406,80 0,00138
Deutschland gesamt 3.279.136 1.991.000 0,607 17.258 5.262,97 0,00003
Quelle: WirtschaftsWoche 35 vom 21.08.2020, „Blindes Vertrauen“, S. 30; Statistisches Bundesamt Stand März 2020; eigene Berechnungen; Def. „Unternehmen“: Steuerpflichtige Unternehmen mit jährlichen Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro

Hohe Dunkelziffer vermutet

Dass mit dem Coronavirus Geld „verdient“ wurde, war bereits seit Mitte März bekannt. Damals ging bei der FIU, der Financial Intelligence Unit, Geldwäscheabteilung des Zolls, die erste Anzeige in Bezug auf Maskenlieferungen ein, die nie ankamen. Eine Anfrage der Wirtschaftswoche an die 115 Staatsanwaltschaften in Deutschland bezüglich anhängiger Verfahren wurde leider nur von 53 Büros beantwortet (1). Die FIU gab insgesamt 8.000 Verdachtsmeldungen weiter. 7.000 davon hatten Bezug zu Corona-Betrug. Die hochgerechnete Zahl aus diesen Verdachtsmeldungen geht in Richtung 10.000 Betrugsfälle.

Aber: Legt man die Zahlen der Länder zugrunde, dürfte die Schätzung schöngerechnet sein. Allein in Nordrhein-Westfalen sind aktuell 3.600 Verfahren anhängig. In Berlin wird in 1.200 Fällen gegen 1.400 Beschuldigte mit einem Schadensvolumen von 12,4 Millionen Euro ermittelt. Der Kölner Oberstaatsanwalt Lutz Niemann geht von rund 20.000 Betrugsfällen bundesweit aus. Dabei ist allerdings nur die Rede von der Corona Soforthilfe. Am 6. Juli 2020 meldete das ZDF noch eine Zahl von bundesweit 5.100 Fällen, damals nur die Spitze des Eisberges (2).

Bayern hatte während der heißen Phase der Auszahlung der Coronahilfen wieder einmal den Schwarzen Peter. Antragsteller mussten im Freistaat länger auf die Auszahlung warten, als in anderen Bundesländern. Hintergrund war, dass die Anträge zum einen handschriftlich unterschrieben sein mussten, zum anderen auf Plausibilität geprüft wurden. Dafür kann Bayern jetzt mit der niedrigsten Zahl der Missbrauchsfälle aufwarten.

Nicht berücksichtigt sind bei all diesen Zahlen die ungerechtfertigt in Anspruch genommenen KfW-Darlehen.

KfW-Förderkredite bergen weitere Dunkelziffern

Neben der Corona-Soforthilfe, die sich vom Volumen her im Einzelfall als übersichtlich gestaltete, gab es auch noch die KfW-Förderkredite für coronageschädigte Unternehmen. Die Beantragung erfolgte über die Hausbank, der „vereinfachte“ Subventionsbetrug wie bei der Soforthilfe war damit nicht möglich. Allerdings war das Verfahren stark vereinfacht, denn die Auszahlung sollte ebenfalls zeitnah erfolgen.

Laut einer Meldung des Tagesspiegels vom 2. April 2020 rechnete KfW-Vorstandschef Bräuning mit einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro (3). Die Summe von 100 Milliarden könne er sich nicht vorstellen. Leider lagen uns zum Redaktionsschluss keine Zahlen zum tatsächlichen Volumen vor. Zum genannten Zeitpunkt im April lagen der KfW allerdings bereits über 2.500 Anträge vor, von denen keiner abgelehnt wurde. Die Darlehensanfragen betrugen bis zu drei Millionen Euro. Ausgezahlt waren an diesem Tag schon elf Milliarden Euro.

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Coronahilfen für alle

Gerade in Berlin wurde es fast schon zum Volkssport, Corona-Soforthilfe zu beantragen. Im schlimmsten Fall wurde der Antrag abgelehnt, den Versuch war es also wert. Einige Antragsteller hatten, als das Hilfsprogramm bekannt wurde, schnell noch Firmen eröffnet. Andere machten sich gar nicht erst die Mühe, sondern gaben die Kontoverbindung von Bekannten oder den eigenen Kindern an. (1)

Den sonst häufig kritisierten Banken musste man in diesen Zeiten ein Lob aussprechen. Auffällige Kontobewegungen, beispielsweise ein Zahlungseingang über 15.000 Euro auf ein sonst nicht genutztes Konto, wurden der FIU gemeldet und machten eine Strafverfolgung erst möglich.

Ähnlich wie bei dem Börsenhype im Jahr 2000 waren unter den Antragstellern alle möglichen Personengruppen vertreten, einschließlich Rentnern, Studenten und Menschen ohne Beschäftigung. Die irregulären Antragsteller lassen sich in fünf Gruppen aufteilen:

  • Unternehmen, die schon länger keinen Geschäftsbetrieb mehr unterhalten und nur noch registriert sind
  • Neugründungen für den Zweck des Subventionsbetruges
  • Mehrfachbeantragungen
  • Unternehmen, die schon vor dem Stichtag in Zahlungsschwierigkeiten steckten und keinen Anspruch mehr hatten
  • Privatpersonen

Allerdings gab es auch betrogene Betrüger. Das Bundeskriminalamt war überrascht, in welch kurzer Zeit sich offizielle Internetauftritte deutscher Behörden eins zu eins nachbauen ließen. Über diese Fake-Seiten wurden E-Mails an Zahlungsempfänger mit dem Hinweis des Verdachtes auf Betrug in Zusammenhang mit der erhaltenen Corona-Soforthilfe verschickt. Allerdings sähe die „Behörde“ von einer Strafverfolgung ab, wenn der Betroffene den Betrag auf das in der Mail genannte Konto „zurücküberweisen“ würde.

Bei Kurzarbeitergeld ebenfalls Betrug nicht ausgeschlossen

Für den einen oder anderen Arbeitgeber mag es verlockend sein. Er meldet aufgrund von Corona Kurzarbeit an, lässt die Agentur für Arbeit die anteiligen Lohnkosten übernehmen, aber die Mitarbeiter machen dennoch wie gewohnt weiter.

Insgesamt 1,4 Prozent der 60.000 Unternehmen, die im Zuge der Finanzkrise 2008 Kurzarbeitergeld beantragt hatten, mussten dieses zurückzahlen. Laut Tagesschau.de hatten im März und April bereits 750.000 Firmen Kurzarbeit beantragt. Betroffen waren 10,1 Millionen Arbeitnehmer (4). Legt man die Missbrauchsquote von 2008 zugrunde, käme man bei 1,4 Prozent auf eine Zahl von 10.500 Unternehmen, die diese Leistung betrügerisch in Anspruch nahmen.

Die Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls konnte auf Anfrage des ARD-Magazins Kontraste keine Angaben dazu machen, ob es Betrugsfälle gab oder nicht. Es existiert keine Statistik.

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Autor: Uwe Rabolt

 


Quellen und weiterführende Links

(1) WirtschaftsWoche – WirtschaftsWoche 35 vom 21.08.2020, „Blindes Vertrauen“, S. 30
(2) ZDF – Tricks, Strafen und Schaden – So ergaunern Betrüger Corona-Soforthilfen
(3) Tagesspiegel – KfW hat bereits fast elf Milliarden Euro ausgezahlt
(4) Tagesschau – Betrug bei Kurzarbeit – „Wer betrügt, soll zahlen“

 


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