Fortsetzung der Marktumstände, innerhalb derer es zu Überschuldungen kommt
Teuerungsrate des Geldes – Entwicklung des effektiven Jahreszinses
Wer einen Kredit aufnimmt bezahlt dafür Zinsen. Die Zinsen stellen – vereinfacht formuliert – eine Mietgebühr für das Geld dar. Analog zum Mietwagen, der ein gewisses Geld kostet und trotzdem zurückrückgebracht werden muss, verlangt auch die Bank nicht nur den Kreditbetrag als solches, sondern eben auch ein Entgelt für das Ausleihen.
Den Menschen, die ohnehin schon in den roten Zahlen stecken, kommt ein günstiger Zinssatz natürlich sehr entgegen, Thema Umschuldung. Eine Marktlage mit steigenden Zinsen verschlimmert die Lage und erschwert die Rückführung des Kredits. Daher betrachten wir auch die Entwicklung der durchschnittlichen Zinssätze für einen Privatkredit.
Der durchschnittliche effektive Jahreszins für einen Kredit lag in Deutschland in den vergangenen Jahren zwischen 6,16 Prozent und 7,27 Prozent. Diese Differenz von etwas mehr als einem Prozentpunkt mag sich gering anhören, die Ausschläge nach oben und unten sind jedoch deutlich erkennbar.
Besonders anschaulich werden die Ausschläge bei der Betrachtung der Zinssätze im Vergleich zum Vorjahr. Während diese zwischen 2008 und 2009 (Stichwort Weltwirtschaftskrise) um 10 Prozent sanken, stiegen sie in Zeiten wirtschaftlicher Erholung zwischen 2010 und 2011 wieder um 10 Prozent an.
Die Entwicklung der Kreditvergabe
Banken verdienen ihr Geld unter anderem mit der Vergabe von Krediten. Verbraucher erfüllen sich mit den Krediten Wünsche oder schließen Finanzierungslücken. Eine sorglose Kreditvergabe seitens der Banken birgt stets die Gefahr, dass Kunden sich überschulden und die Raten nicht mehr bedienen können.
So agierten bis Ende 2007 die Banken in den USA allzu leichtfertig mit der Vergabe von Immobilienkrediten. Die Folge: Überschuldete Bürger, der wirtschaftliche Zusammenbruch vieler Kreditinstitute und schließlich eine globale Finanzkrise.
Wie die Grafik zeigt, schlugen die Folgen der Weltwirtschaftskrise auch bei den deutschen Banken voll durch. Knapp 30 Milliarden Euro weniger Kredite vergaben die Banken 2008 als noch im Jahr zuvor. Zwar stieg das Kreditvolumen in den vergangenen Jahren wieder an, liegt jedoch noch weit unter dem Vor-Krisen-Niveau.
Die derzeit eher konservativere Kreditvergabe spräche also gegen eine steigende Gefahr der Überschuldung privater Haushalte.
Die Schufa erfasst sowohl die Kreditanfragen als auch die abgeschlossenen Kreditverträge (6). Sie stellt in ihrem Bericht fest, dass 2015 ganze 18,5 Prozent mehr Bonitätsanfragen eingegangen sind, als es 2013 der Fall war. Die Zahl erhöhte sich von etwa 15,4 Mio. auf 19,5 Mio.
Die Zahl der neu abgeschlossenen Kreditverträge blieb währenddessen recht konstant und ist sogar leicht rückläufig. 2013 waren es noch 7,7 Mio. Vertragsabschlüsse, 2015 waren es 7,4 Mio. Stück.
In Korrelation mit dem Gesamtkreditvolumen wird klar, dass Verbraucher immer mehr auf Vergleiche setzen und das aus gutem Grund. Viele Kreditgeber bewerben eine Zinsspanne, zu der das Geld zu haben ist.
Wie hoch der vertraglich festgehaltene effektive Jahreszins dann schlussendlich wird, hängt auch von der persönlichen Bonität und den internen Berechnungsmodellen der Banken und Sparkassen ab. Daher lassen sich Kunden mehrere Angebote unterbreiten und entscheiden sich dann.
Das Sparverhalten der Deutschen
Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not, sagt ein altes Sprichwort. Der Wahrheitsgehalt spiegelt sich auch im Sparverhalten der Deutschen wieder. In den Jahren zwischen 2004 und 2008 schafften es die Bundesbürger jedes Jahr etwas mehr auf die Seite zu legen.
Mit Beginn der Wirtschaftskrise wurde mit einem Schlag deutlich weniger Geld auf die hohe Kante gelegt. Erstaunlicher Weise markiert nur das Jahr 2009 einen Tiefpunkt. Bereits 2010 konnte der Hochstand von vor der Krise fast wieder erreicht werden.
Die kommenden Jahre konnten die Sparer nicht für sich nutzen. Immer weniger wanderte in den Sparstrumpf. 2013 wurde so wenig zurückgelegt, wie seit 2006 nicht mehr. Umso deutlicher fiel dann der Anstieg der gesparten Euro zum Jahr 2014 und 2015 aus.
Ebenfalls bei der Sparleistung haben wir die volkswirtschaftliche Gesamtleistung durch die Anzahl der über 18-Jährigen im Betrachtungszeitraum dividiert. Daher existieren auch hier keine Werte für das Jahr 2016.
Die Betrachtung der Veränderung von Jahr zu Jahr setzen wir bei dieser Kenngröße fort und betrachten die prozentuale Veränderung.
Internationaler Vergleich der Überschuldung: D, GB, USA
Es ist immer hilfreich sich zu vergleichen um die eigene Situation besser verorten zu können. Vergleiche helfen dabei Zahlen in einen Kontext zu bringen und ein Gefühl für deren Bedeutung zu bekommen.
Werfen wir also einen Blick über den Suppentellerrand hinaus: Analysieren wir die Lage in Großbritannien und den USA und halten die Situation in Deutschland dagegen.
Überschuldung im direkten Vergleich | ||||||
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Deutschland | Großbritannien | USA | ||||
Jahr | Quote | Personen in Mio. | Quote | Personen in Mio. | Quote | Personen in Mio. |
2004 | 9,74% | 6,5 | 7,60% | 3,6 | 12,70% | 29,8 |
2005 | 10,43% | 7,0 | 8,10% | 3,9 | 13,60% | 32,2 |
2006 | 10,68% | 7,2 | 8,30% | 4,0 | 13,90% | 33,3 |
2007 | 10,85% | 7,3 | 10,00% | 4,7 | 14,10% | 34,1 |
2008 | 10,11% | 6,9 | 10,40% | 5,1 | 14,70% | 35,7 |
2009 | 9,09% | 6,2 | 11,30% | 5,5 | 16,10% | 39,5 |
2010 | 9,50% | 6,5 | 13,80% | 6,8 | 17,40% | 43,2 |
2011 | 9,38% | 6,4 | 15,30% | 7,6 | 19,40% | 48,5 |
2012 | 9,65% | 6,6 | 14,50% | 7,3 | 21,00% | 52,9 |
2013 | 9,81% | 6,6 | 13,90% | 7,1 | 19,80% | 50,2 |
2014 | 9,90% | 6,7 | 13,80% | 7,1 | 18,60% | 47,4 |
2015 | 9,92% | 6,7 | 13,50% | 7,0 | 17,30% | 44,5 |
2016 | 10,06% | 6,8 | 13,90% | 7,2 | 16,80% | 43,6 |
Quelle: Creditreform, Schuldneratlas 2016
In Großbritannien hat sich in den vergangenen zwölf Jahren die Anzahl der überschuldeten Personen verdoppelt. Zwar sieht die prozentuale Quote nicht ganz so desaströs aus, doch das mag an der Demographie der Bevölkerung in Großbritannien liegen.
In den USA gehören Schulden zum Alltag. Sei es das enorm kostspielige Studium, das den angehenden Berufsanfänger mit einer immensen Schuldenlast entlässt, sei es die bereits aufgeladene Kreditkarte, die per Postwurfsendung kommt oder sei es der Autofinanzierer um die Ecke, dem es egal ist, ob die Bonität des Käufers passt (s. unsere Studie zu den Sub-Prime Autokrediten in den USA).
Es lebt sich sehr schnell auf Pump im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Auch wenn es die Amerikaner geschafft haben, dass nicht mehr jeder fünfte von Überschuldung betroffen ist, knapp 17 Prozent sind eine gefährlich hohe Anzahl.
Der aktuelle Schuldenstand in Deutschland ist relativ niedrig, zumindest im Vergleich zu Großbritannien und den USA. Nichts desto trotz: Jeder zehnte Deutsche hat ernste finanzielle Schwierigkeiten. Da hilft es wenig, wenn wir im Vergleich am besten dastehen.
Autor: Marc Opitz
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundeszentrale für politische Bildung – Welt-Bruttoinlandsprodukt
(2) United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) – General profile: Germany (in engl.)
(3) Bundesminsiterium der Justiz und für Verbraucherschutz – § 504 Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit
(4) Wikipedia.org – Konsumklimaindex
(5) Statistisches Bundesamt – Erklärungen zum Verbraucherpreisindex (VPI)
(6) Schufa – Kredit-Kompass 2016 (PDF)
Statistisches Bundesamt – Statistik zur Überschuldung privater Personen, Fachserie 15 Reihe 5
Statistisches Bundesamt – Einkommen, Konsum, Leben 2016 (PDF)
Statistisches Bundesamt – Statistisches Jahrbuch 2016 (PDF)
Creditreform – Schuldner Atlas 2016
Bankenfachverband e.V. – GfK Finanzmarktforschung: Marktstudie 2016 – Konsum- und Kfz-Finanzierung (PDF)
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