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Notleidende Kredite

Inhaltsverzeichnis

Das Kreditgeschäft ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil im Bankenwesen. Banken vergeben Kredite an Unternehmen, Privatpersonen und an die öffentliche Hand, damit diese investieren und somit die Wirtschaft in Schwung halten können. Durch die Zinsen, die auf einen Kredit erhoben werden, erwirtschaftet die Bank einen beträchtlichen Teil ihrer Erträge.

Nun ist die Vergabe eines Kredits stets mit dem Risiko verbunden, dass der Kreditnehmer diesen nicht zurückzahlen kann. Passiert dies und wird die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung als gering angsehen oder die Rückzahlung ist mindestens 90 Tage in Verzug, wird von einem notleidenden Kredit gesprochen (1).

Wenn es um faule Kredite geht, hat dies bei Weitem nichts mit mangelndem Fleiß zu tun. Es geht um Finanzierungen, die ausfallgefährdet sind. Das bedeutet nach der Definition der EBA (European Banking Authority), dass die Kreditraten entweder mindestens 90 Tage überfällig sind und/oder es unwahrscheinlich ist, dass der Kreditnehmer seinen Ratenverpflichtungen zur Gänze nachkommen wird (2).

Im Fachjargon spricht man von „Non-Performing-Loans“ (NPL), also von Krediten, die nicht funktionieren. Das kann immer mal passieren und gehört zum Kreditgeschäft dazu. Tatsächlich wurde den Bank-Azubis früher beigebracht, dass eine Bank grundsätzlich vom Scheitern einer Finanzierung ausgeht und sich entsprechend absichern muss.

Wichtigste Details

  • Bei der Betrachtung der faulen Kredite nach Gesamtvolumen führte zuletzt Frankreich in Q1 2021 das Ranking der Euroländer mit insgesamt 119,60 Mrd. Euro an. Beim Ranking nach prozentualem Anteil der NPLs am Gesamtkreditvolumen war hingegen Griechenland der traurige Spitzenreiter mit 25,17 Prozent. Gemessen am Anteil pro Kopf lag ebenfalls Griechenland auf dem ersten Platz (5.021,50 Euro NPLs pro Einwohner).
  • Im Zuge der Coronakrise erwartete die EZB ein ansteigendes Volumen der notleidenden Kredite und befürwortete daher gewisse Flexibilität beim Umgang mit neuen NPLs. Darüber hinaus wurde am 16.12.2020 ein Aktionsplan Bekämpfung notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie von der EU-Kommission vorgestellt.
  • Im Gegensatz dazu folgten das Volumen bzw. die Anteile der NPLs im Euroraum zuletzt einem überwiegend fallenden Trend. Daraus lässt sich schließen, das die Probleme aktuell nur verschoben werden und es nach Ende der genehmigten Ratenpausen zu einer NPL-Welle kommen wird, auf die sich die Banken vorbereiten müssen.

Faule Kredite in der Eurozone

Die EZB führt Statistiken zu den Beständen der schlechten Kredite je Mitgliedsstaat (3),(5). Stellenweise gibt es Lücken in den Datenreihen (hier Wert 0,00), die nach Auskunft der Statistik-Abteilung der EZB dadurch entstanden, dass die jeweiligen Notenbanken die angefragten Daten entweder nicht lieferten oder sie aus Gründen der Vertraulichkeit nicht genannt werden durften. Denn dazu gibt es keine zwingende Verpflichtung. Gleichzeitig kommt hinzu, dass es unterschiedliche Regelungen für Euro-Länder gibt.

Faule Kredite in der Eurozone in Euro

Folgendes Diagramm zeigt die Summe der faulen Kredite je Land in Euro:

Wichtige Informationen

Klicken Sie auf die Beschriftungen über dem Diagramm, um einzelne Datenlinien aus- und wieder einzublenden. Datensätze mit dem Wert 0,00 bedeuten hier, dass der EZB keine Daten bekannt sind oder sie aus Gründen der Vertraulichkeit nicht geliefert werden konnten. Für die Slowakei exisitieren keine Datensätze.

Bedienhinweis: Einzelne Datenreihen lassen sich durch Klick auf die betreffende Überschrift aus- und wieder einblenden.

Quellen:

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Faule Kredite in der Eurozone in Prozent

In größeren Volkswirtschaften werden in der Regel mehr Kredite vergeben. In der logischen Folge sind die Summen der kumulierten faulen Kredite sehr unterschiedlich in Europa. Aus diesem Grund haben wir den prozentualen Anteil der notleidenden Finanzierungen an der Gesamtsumme aller Kredite je Land recherchiert.

Wichtige Informationen

Klicken Sie auf die Beschriftungen über dem Diagramm, um einzelne Datenlinien aus- und wieder einzublenden. Datensätze mit dem Wert 0,00 bedeuten hier, dass keine Daten der EZB bekannt sind oder sie aus Gründen der Vertraulichkeit nicht geliefert werden konnten. Für die Slowakei exisitieren keine Datensätze.

Bedienhinweis: Einzelne Datenreihen lassen sich durch Klick auf die betreffende Überschrift aus- und wieder einblenden.

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Faule Kredite in der Eurozone pro Kopf

Werden die Länder mit dem höchsten Stand an faulen Krediten betrachtet, sollte auch die Einwohnerzahl berücksichtigt werden. Da die Länder unterschiedlich viele Einwohner mit unterschiedlich vielen Kreditnehmern verzeichnen, ist eine weitere Betrachtungsweise sinnvoll. Wir haben daher die durchschnittliche Schuldenhöhe durch ausfallgefährdete Kredite pro Kopf der Einwohner eines jeden Eurolandes ermittelt.

Auch bei dieser Betrachtungsweise lag Griechenland im 1. Quartal 2021 auf dem unschönen ersten Platz. Bei einer Einwohnerzahl von 10,7 Millionen Einwohnern im Jahr 2020 lag der durchschnittliche Schuldenstand durch faule Kredite in Griechenland bei 5.021,50 Euro pro Kopf. Noch rund zwei Jahre zuvor, in Q2 2019, lag dieser Schuldenstand pro Kopf bei 7.405,99 Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung konnte also immerhin gesenkt werden.

Deutschland zählt die meisten Einwohner innerhalb des Euroraums. Und die teilen sich den Berg der notleidenden Kredite ganz gut auf. Die durchschnittliche Höhe lag hier zuletzt bei 399,09 Euro pro Kopf. Am vorbildlichsten waren allerdings die Litauer. Zuletzt konnte für Litauen ein Durchschnittswert von 100,36 Euro NPLs pro Kopf ermittelt werden.

Notleidende Kredite pro Kopf in den Euroländern Q1/2021
Land NPLs in Mio. Euro pro Land Einwohner in Mio. pro Land NPLs pro Kopf in Euro
Belgien 7.840 11,51 681,15
Deutschland 33.180 83,14 399,09
Estland 380 1,33 285,71
Finnland 7.660 5,53 1.385,17
Frankreich 119.600 67,20 1.779,76
Griechenland 53.730 10,70 5.021,50
Irland 11.950 4,97 2.404,43
Italien 79.220 60,29 1.313,98
Lettland k.A. 1,91 k.A.
Litauen 280 2,79 100,36
Luxemburg 1.130 0,63 1.793,65
Malta 590 0,51 1.156,86
Niederlande 36.450 17,40 2.094,83
Österreich 9.950 8,90 1.117,98
Portugal 7.690 10,29 747,33
Slowenien 770 2,10 366,67
Spanien 80.510 47,32 1.701,39
Zypern 3.270 0,89 3.674,16
Quellen: EZB, Eurostat, eigene Berechnungen, Stand 1. Quartal 2021

Faule Kredite in den USA

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Wie entstehen faule Kredite?

Es gibt grundsätzlich vier Ursprünge für das Entstehen von NPLs:

  1. Während der Kreditlaufzeit gerät der Kreditnehmer in finanzielle Schwierigkeiten, weil er beispielsweise seine Arbeit verliert.
  2. Der Kreditgeber hat sich nicht ausreichend kritisch mit der finanziellen Situation des Kunden auseinandergesetzt und billigt eine Kreditaufnahme, die den Kunden überfordert, bzw. in absehbarer Zeit überfordern wird.
  3. Der Kreditgeber überschätzt den Wert einer Sicherheit, bzw. den Markt, auf dem die Sicherheit veräußert werden müsste. Gleichzeitig wird der Sicherheit bei der Kreditprüfung mehr Gewicht gegeben, als der Zahlungsfähigkeit des Kunden.
  4. Der Kreditgeber nutzt die finanzielle Notlage eines Kunden in Schwierigkeiten aus und vergibt gezielt einen Kredit mit überhohen Zinsen als risikoreiches Investment.

NPLs und die Finanzkrise ab 2007/2008

Vor einem rosa farbenen Haus steht ein Schild, das auf den Verkauf durch die Bank hinweist
© DIPA / iStock / Thinkstock

Eine Vielzahl von faulen Krediten führten zur jüngsten Finanzkrise. Grund waren zu laxe Vergaben von Immobilienkrediten in den USA. Insider witzelten damals, dass jeder mit einem Puls einen Kredit bekommen könne.

Anfang machten sich die Banker und andere Kreditgeber wohl recht wenig Sorgen. Schließlich waren die Immobilienfinanzierungen mit einer Immobilie besichert. Deren Wert garantierte quasi, dass die offenen Forderungen auch dann eingebracht werden konnten, wenn der Kreditnehmer seine Raten nicht mehr bezahlen kann.

So weit so normal. Leider wurden massiv viele Immobilienkredit für Verbraucher in ungünstigen Situationen vergeben. Es wurden Häuser für Summen finanziert, die die Objekte als Gegenwert nicht darstellen konnten.

Gier auf beiden Seiten führte zur Finanzkrise

Springende Würfel und Chips über einem Roulette Tisch
© lucadp / iStock / Thinkstock

Sagen wir, ein Haus wird für 250.000 Euro verkauft, hat aber eigentlich nur einen Wert von 150.000 Euro. Tolles Geschäft für den Verkäufer, dem die Marktlage perfekt in die Karten gespielt hat. Dumm für die Bank, die ein paar Jahre später auf einem veränderten Immobilienmarkt die offene Forderung nicht mehr eintreiben kann, sollte der Kreditnehmer säumig werden.

Andere Kredite wurden genehmigt, bei den von vornherein klar war, dass die Raten den Kunden an den finanziellen Rand treiben würden. Diese Finanzierungen waren so knapp kalkuliert, dass selbst kleinere Zwischenfälle vom Kunden nicht abgefangen werden konnten. Diese kritischen Finanzierungen sind hoch verzinst, um genau dieses Risiko abzufangen.

Für die Bank ist es dann eine recht simple Rechnung: Wie viele Kredite einer gewissen Risikoklasse werden wohl ausfallen und wie hoch müssen die Zinsen dann sein, um diese Ausfälle zu kompensieren?

Hierzulande ist es kaum vorstellbar, doch in den USA wurden unglaublich viele dieser wackeligen Finanzierungen abgeschlossen. Die Kreditgeber holten alles an verkäuferischem Geschick heraus und gleichzeitig wollten die Kreditnehmer am boomenden Immobilienmarkt partizipieren und kauften und finanzierten ohne groß zu überlegen.

Wir sehen also eine Situation, in der im Grunde auf beiden Seiten des Bankschalters zu gierig agiert wurde. Diese gleichgeschaltete Motivationslage verschlimmerte die Situation zusehends und es kam, wie es kommen musste.

Die ersten Kunden konnten ihre Kreditraten nicht mehr bezahlen und die Zwangsversteigerung stand an. Dieses Schicksal erlitten immer mehr und mehr Kunden. In der logischen Konsequenz brach der Immobilienmarkt zusammen und es war kein vernünftiger Preis mehr für die besicherten Objekte zu erzielen. Im schlimmsten Fall blieben die Geldhäuser auf ihren Sicherheiten sitzen, weil niemand mehr kaufen wollte, egal wie günstig das Angebot in der Zwangsversteigerung auch war.

Hintergrund

Wer denkt, ein Markt lernt aus einem solchen Fehlverhalten, der wird sich wundern, wenn er etwas über die Vergabe von Autokredite in den USA liest. Sie finden unsere Analyse zu den Subprime Autokrediten in unserer Studien-Sektion unter „Subprime Autokredite in den USA“

Faule Kredite als Investment

Gleichzeitig wurden die NPLs weiterverkauft. Das ist möglich, weil eine Bank die offenen Forderungen an eine andere Bank abtreten kann. So wird aus einem Kreditgeschäft aus einem anderen Blickwinkel heraus ein Investment.

Dazu wurden Forderungen unterschiedlicher Risikoklassen in neuen Paketen zusammengefasst. Im Grunde analysiert ein Kreditgeber dazu die Qualität seiner Kreditverträge und teilt sie in Risikoklassen ein. Seine Erfahrungswerte geben dabei vor, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Vertrag einer Risikoklasse ausfällt. Ein vereinfachtes und frei erdachtes Beispiel zur Visualisierung:

Risikoklassen A B C D E
Anz. Verträge 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000
Ausfallwahrsch. 2% 5% 9% 14% 20%
Zinsniveau 1,50% 2,25% 4,00% 6,50% 8,50%

Soll aus diesen Kreditverträgen ein Investment für Dritte werden, bündelt der ursprüngliche Besitzer neue Pakete und teilt diesen unterschiedlich große Kontingente der verschiedenen Risikoklassen zu.

Sehr sichere Pakete haben einen Großteil A-Verträge in sich, spekulativere und damit ertragsreichere Pakete kommen mit einem verstärkten Anteil an E-Verträgen daher.

Achtung!

Es gilt der Grundsatz: Je größer das Risiko, desto höher die mögliche Rendite.

Auf einem stabilen oder gar ansteigenden Immobilienmarkt sind selbst E-Verträge nicht weiter kritisch. Wie erwähnt: Sollte ein Kreditnehmer scheitern dient die Immobilie als Pfand und kann vielleicht sogar mit Gewinn veräußert werden.

Leider knickten zu viele Kreditnehmer ein. So viele, dass der Immobilienmarkt zusammenbrach und die offenen Forderungen nicht mehr eingebracht werden konnten.

Immobilienkredite sind Finanzierungen mit hohen Summen. Da addieren sich die Ausfälle mit enormer Geschwindigkeit. Selbst ein gutdastehendes Bankhaus kann dadurch in die Knie gezwungen werden.

Faule US Kredite auch in Europa

Spekulanten vor Bildschirmen mit vielen Kurs-Details
© Rawpixel Ltd / iStock / Thinkstock

Zwei Haupt-Schienen gab es, auf denen diese Krise den weiten Weg zu uns nach Europa fand:

1) Europäische Banker waren hochinteressiert an den gut verzinsten Paketen, deren Inhalte ja durch vermeintlich sichere Immobilien abgesichert waren. So holten sie sich und ihren Kunden gefährliche Kredite getarnt als gut verzinste Investments in die Depots. Die mangelhafte Durchsicht durch die Produktstruktur, die Fehleinschätzung des US-Immobilienmarktes und das bewusste eingehen sehr hoher Risiken der Rendite wegen, unterstützen die Vorwürfe der Zockerei gegenüber den Geldhäusern.

2) Banken leihen und verleihen sich untereinander große Geldsummen. Sie vertrauten sich gegenseitig als gleiche unter gleichen. So entsteht ein Finanz-Netz zwischen den verschiedenen Häusern. Brechen einem Geldhaus zu viele Kredite von Verbrauchern weg, kann es seinen Verpflichtungen bei anderen Kreditinstituten nicht mehr nachkommen. Diese anderen Banken haben vielleicht selbst Probleme mit Immobilienkrediten und nun zusätzlich noch offene Forderungen gegenüber anderen Banken. Gelder fehlen und die Banken stehen vor der Zahlungsunfähigkeit. In einer global vernetzten Finanzwelt reicht es, wenn wenige nur Banken fallen. Sie zerren sofort an der Stabilität der Banken weltweit.

Mehr NPLs durch Coronakrise?

Führt man sich noch einmal die oben genannten Gründe zur Entstehung von NPLs vor Augen, ist nachvollziehbar, dass sich aufgrund der Coronakrise zahlreiche neue notleidende Kredite ansammeln könnten. Nicht wenige Kreditnehmer verlieren aufgrund der neuen weltweiten Wirtschaftskrise ihre Arbeit und können den Kredit nicht mehr bedienen. Selbst Kurzarbeit mit einem einhergehenden geringeren Einkommen könnte die Ratenzahler überfordern. Da die Bundesregierung bestimmten betroffenen Kreditnehmern eine vorübergehende Pausierung der Ratenzahlung per Gesetz erlaubte, gelten Kredite mit dieser Ratenpause theoretisch allesamt per Definition als notleidend. Zur Erinnerung: Ein Kredit wird beispielsweise zum NPL, wenn die Rückzahlung mindestens 90 Tage im Verzug ist.

Die EZB ging davon aus, dass aufgrund der Coronakrise das Volumen der notleidenden Kredite zunehmen wird, insbesondere sobald die von den Regierungen erlassenen Zahlungsmoratorien ausfallen. Die Bankenaufsicht ist daher bereit, die Regeln für den Umgang mit neuen NPLs weniger streng durchzusetzen. Ein Mitglied des Aufsichtsrats der EZB, Kerstin af Jochnick, gab dazu folgendes bekannt: „Wir haben den Banken signalisiert, dass wir uns im Hinblick auf einige Aspekte flexibel zeigen werden, wenn es um die Umsetzung des Leitfadens zu NPL geht.“ Ziel dieser Entscheidung ist es, den Banken damit beim Verarbeiten der Folgen des aktuellen Abschwungs zu unterstützen.

Dennoch sind die Kreditinstitute angehalten, „strikte Strategien“ für die Beobachtung von und den Umgang mit der Verschlechterung der Kreditqualität zu führen. Risiken müssen frühzeitig erkannt werden und Banken sollen sich so zeitig wie möglich notleidende Kredite abstoßen. Die EZB will beobachten, wie konsequent sich die Kreditinstitute an diese Strategien halten. Gut kapitalisierte Banken ohne Bilanzeinschränkungen seien außerdem der Erfahrung nach eher in der Lage, in Krisenzeiten die Erholung der Konjunktur mit Krediten zu untersützen. (6)

Interessant bleibt daher, wie sich die oben aufgeführten Datenreihen zu den notleidenden Krediten in der Eurozone entwickeln werden. Für das dritte Quartal 2020 ist allerdings noch kein Umschwung zu beobachten, im Gegenteil, die NPLs wurden sogar weniger. Das lässt vermuten, dass sich die Probleme durch die Ratenpausen nur verschieben und es bald zu einer Welle an notleidenden Krediten kommen könnte.

EU-Aktionsplan zur NPL-Bekämpfung in Coronakrise

Während zu Beginn der Coronakrise schon mit einem Anstieg des NPL-Volumens zu rechnen war, weiß man spätestens seit Ende 2020, dass definitiv mit einer großen Welle an neuen notleidenden Krediten zu rechnen ist. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer konnten zum Teil ihre Schulden nicht zurückzahlen, Raten durften mitunter gänzlich ausgesetzt werden. Zahlreiche Kredite, die vor der Krise noch ordentlich bedient werden konnten, gelten nun als notleidend. Die Europäische Kommission hat daher am 16.12.2020 einen Aktionsplan zur Bekämpfung der NPLs vorgestellt (8). Er soll insbesondere Banken helfen, die NPLs aus ihren Bilanzen zu bekommen. So sollen die Kreditinstitute Spielräume behalten, um Firmen und Privathaushalten weiterhin finanziell helfen und somit die Wirtschaft wieder ankurbeln zu können.

Der Aktionsplan der EU-Kommission sieht unter anderem diese vier Schritte zur Vorbereitung auf die NPL-Welle vor (9, 10):

  1. Banken dürfen notleidende Kredite aus ihren Bilanzen entfernen und stattdessen an Sekundärmärkte weitergeben, die wiederrum ausgeweitet werden sollen. Auf Sekundärmärkten können Banken NPLs inklusive Risiken und Sicherheiten an spezialisierte Händler abtreten. Banken werden dadurch entlastet und können in der Krisenzeit neue Kredite vergeben. Der Sekundärmarkt soll außerdem mit zusätzlichen Meldepflichten transparenter gestaltet werden. Eine zentrale Datenstelle für den Austausch von Informationen aller Beteiligten könnte dazu beitragen.
  2. Die EU-Rechtsvorschriften über Unternehmensinsolvenzen und Inkasso sollen reformiert werden. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen innerhalb der EU sollen angeglichen und parallel die hohen Verbraucherschutzstandards beibehalten werden. Seit 2018 liegt dafür schon ein Vorschlag vor, der nun zügig vom EU-Parlament und EU-Staaten beschlossen werden soll.
  3. Auf nationaler Ebene sollen sogenannte Bad Banks gegründet werden, die sich in Europa vernetzen und austauschen. Als Vermögensverwaltungsgesellschaften entlasten sie Banken von notleidenden Krediten. Während sich die Bad Banks um die NPLs kümmern, können sich Banken wieder auf die Kreditvergabe an lebensfähige Unternehmen und Haushalte zu konzentrieren.
  4. Behörden erhalten ausgedehntere Möglichkeiten, erforderlichenfalls vorsorgliche öffentliche Unterstützungsmaßnahmen durchzuführen, um die weitere Finanzierung der Realwirtschaft im Rahmen der EU-Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Banken und den Rahmen für staatliche Beihilfen sicherzustellen.

Zum Aktionsplan der EU-Kommission zur Bekämpfung notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie wurde bereits Kritik geäußert, zum Beipiel durch den Bankenverband. Dem Hauptgeschäftsführer Christian Ossig zufolge, sei zwar „die Initiative der EU-Kommission, einem möglichen deutlichen Anstieg notleidender Kredite in den Bankbilanzen zu begegnen, […] richtig“, dennoch seien die Methoden fraglich. „Insbesondere die neu geplanten ‚Bad Banks‘ dürfen nicht dazu führen, dass Schulden vergemeinschaftet werden“, so Ossig. Seiner Meinung nach hätten hingegen die Handlungsspielräume der Banken bei der Kreditvergabe mehr gestärkt werden müssen, beispielsweise indem den Banken mehr Flexibilität bei der Eigenkapitaldeckung von notleidenden Krediten eingeräumt worden wäre. (11)

Warum müssen Banken faule Kredite abbauen?

Das neue Hauptgebäude der EZB bei Sonnenaufgang vor einem strahlend blauen Himmel
© Anastazzo / iStock / Thinkstock

Je nachdem wie spekulativ bzw. renditeorientiert der Blickwinkel ist, könnte ein Depot mit wackeligen Krediten als lohnendes Investment betrachtet werden. Banker sehen das mitunter genauso. Nur investieren sie eben Kundengelder und die müssen geschützt werden. Dafür sorgen sowohl die EZB als auch für Deutschland die BaFin, die den Banken Regeln vorgeben und deren Einhaltung überwachen.

Banken nehmen Gelder ein (z.B. Spareinlagen) und verleihen dieses Geld teurer weiter (z.B. Kredite). Gleichzeitig gilt: Banken müssen jederzeit in der Lage sein, ihren Forderungen nachzukommen. Einfacher formuliert: Ein Sparer muss jederzeit an sein Geld kommen und die Bank darf sich nicht damit herausreden, dass das Geld noch in einem Kreditgeschäft steckt.

Non-Performing-Loans sind per Definition schon so gut wie gescheitert. Das Damokles-Schwert über den Bankern hängt damit an einem seidenen Faden. Jede Finanzierung, die einbricht, muss über Sicherheitsverwertungen oder über veränderte Ratenzahlungen entweder eingetrieben oder über die Zeit gerettet werden.

Gelingt das nicht, muss die Restforderung abgeschrieben werden. Da Abschreibungen Kosten sind, muss die Bank aufpassen, dass ihre Kostenstruktur nicht die Einnahmeseite übersteigt. Der Abbau von NPLs ist also enorm wichtig für jedes Bankhaus. Da die Banken wiederrum enorm wichtig für unser Wirtschaftssystem sind, haben wir alle ein gesteigertes Interesse daran, dass die schlechten Kredite aus den Büchern verschwinden.

Ursprünglich sah die EZB daher sehr strenge Vorgaben zum Abbau notleidender Kredite vor, um ihn zeitlich voranzutreiben. Die Regelungen stießen allerdings auf harte Kritik einiger Banken, insbesondere der italienischen. Die EZB veröffentlichte daher im August 2019 überarbeitete Vorgaben, die nun deutlich abgemildert sind. Zwar müssen Banken notleidende Kredite auch weiterhin mit Eigenkapital unterlegen, doch die Frist dafür beginnt jetzt ein Jahr später als ursprünglich von der EZB gefordert. Demnach muss für unbesicherte NPLs erst nach drei statt zwei Jahren Vorsorge getroffen werden, für unbesicherte NPLs nach sieben Jahren. Für durch Immobilien abgesicherte NPLs gelten neun Jahre.

Erfolg der Banken beim Schuldenabbau

Nicht nur die faulen Kredite, sondern auch die strengere Regulierung der Banken und die Strafzahlungen für früheres Fehlverhalten setzen die Banken zunehmend unter Druck. Die ausfallgefährdeten Kredite wieder abzubauen, werde eher Jahrzehnte als Jahre dauern.

Die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) verringern die Erträge der Banken. Während die Nettozinsmarge in den USA bei 3 Prozent liegt, müssen sich die Europäischen Banken mit 1,2 Prozent begnügen.

Dies erschwert und verzögert den Abbau der faulen Kredite erheblich. Um in Zeiten sinkender Zinsen sowie steigender Kapital- und Regulierungskosten wieder in die Profitabilität zurückzukehren, bedürfe es seitens der Banken viel Geduld und harter Arbeit, so das Fazit einer Studie des Wirtschaftsprüfers KPMG.

SurftippHier geht es zu Teil II der Statistikreihe!

veröffentlicht am 05.01.2017, letztes Update am 03.05.2021


Quellen und weiterführende Informationen

(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse der Kreditinstitute
(2) European Banking Authority – EBA FINAL draft Implementing Technical Standards on Supervisory reporting on forbearance and non-performing exposures (engl. PDF)
(3) EZB Statistical Data Warehouse – Startseite des statistischen Datenbanken der EZB (engl.)
(4) The World Bank – World Bank Open Data (engl.)
(5) EZB – Publication of supervisory data
(6) Finanzen.net – EZB signalisiert Flexibilität bei neuen NPL
(7) Federal Reserve Bank of St. Louis – Nonperforming Total Loans (past due 90+ days plus nonaccrual) to Total Loans
(8) EU-Kommission – Tackling non-performing loans in the aftermath of the COVID-19 pandemic
(9) Eureporter – McGuinness presents strategy to deal with Non-Performing Loans
(10) Cash – ‚Faule Kredite‘: EU-Kommission will Vorsorgemassnahmen
(11) Bankenverband – Bankenverband sieht EU-Aktionsplan zum Abbau notleidender Kredite zurückhaltend


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Inhaltsverzeichnis

  • Faule Kredite in der Eurozone
  • Faule Kredite in der Eurozone pro Kopf
  • Faule Kredite in den USA
  • Wie entstehen faule Kredite?
  • NPLs und die Finanzkrise ab 2007/2008
  • Mehr NPLs durch Coronakrise?
  • EU-Aktionsplan zur NPL-Bekämpfung in Coronakrise
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