Droht neue Finanzkrise durch US Subprime Autokredite?
Die Subprime Krise, die 2007/2008 in den Vereinigten Staaten ihren Anfang nahm und zur Weltwirtschaftskrise wuchs, hatte ihre Wurzeln in einer zu laxen Kreditvergabe und in zu riskanten Finanzdeals.
Man möchte meinen, dass die Lektion eine eindeutige war. Kreditnehmer müssen in der Lage sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Sind sie es nicht, sollte das Darlehen nicht vergeben werden.
In den USA ist ein neuer Markt für Subprime Kreditgeschäfte entstanden. Ein oberflächlicher Blick auf die Lage verspricht eine Besserung, doch eine tiefere Analyse zerstreut diese Hoffnungen sofort wieder. Tatsache ist: Es braut sich etwas zusammen.
UPDATE vom 30.05.2018
Die Datenreihen, Textinformationen und die Inhalte der großen Infografik wurden anhand des FED Reports „Quarterly report on houshold debt and credit 2018:Q1“ vom Mai 2018 und dem „Consumer Credit – G.19“ Report des Board of Governors of the Federal Reserve System vom 07. Mai 2018 geupdatet.
ENDE UPDATE
Das Wichtigste in Kürze
- Jeder neunte Amerikaner steckt wegen seines Autos in Kreditschwierigkeiten. In Summe sind das 37 Millionen US Bürger.
- Der Anteil der Autokredite für Personen mit schlechter und unterdurchschnittlicher Bonität konnte im Q1 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über vier Prozent gesenkt werden.
- Das Volumen der Subprime Autokredite sank im Q1 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,7 Mrd. USD.
- Knapp 40 Mrd. USD wurden als Autokredite an Kunden mit schlechter und unterdurchschnittlicher Bonität allein im Q1 2018 vergeben.
- Die Volumina der Autokredite, deren Raten 30 oder sogar 90 Tage überfällig sind, folgen nach wie vor einem Aufwärtstrend.
- Ein Volumen von 8,27 Mrd. USD wurde im Q1 2017 registriert, bei dem die Raten mindestens 90 Tagen überfällig sind (aktuellste Daten, Stand Mai 2018).
- Autokredite machen insgesamt einen Anteil von 9,3 Prozent der amerikanischen Kreditwirtschaft aus.
Vor kurzem konnte jeder eine eigene Immobilie finanzieren

In den frühen 2000ern bekamen Menschen in den USA Immobilienkredite, bei denen es abzusehen war, dass sie durch die Kreditraten in ernste Schwierigkeiten kommen. An der Börse spottete man: „Jeder, der noch fühlbaren Puls habe, bekäme auch einen Kredit.“
Diese faulen bzw. sub-optimalen Kredite wurden in Paketen als Investment-Produkte mit hohem Zins und hohem Risiko verkauft. Man sprach von Subprime Krediten. Das ist die zynische Bezeichnung für Kredite, die „nicht ganz“ das Prädikat „Premium“ verdient hatten.
Die ehrliche Übersetzung für „Subprime“ Kredite wäre Schrottkredite gewesen. Das Ende vom Lied kennen wir alle: Die Blase platzte.
Eigenheimbesitzer verloren ihr Zuhause, Investmentfirmen brachen zusammen und zogen Banken auf der ganzen Welt mit sich in den Strudel. Selbst Volkswirtschaften kollabierten und Millionen Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.
Deutsche Baufinanzierungen laufen schon immer eher konservativ ab. Sowohl Kreditgeber als auch Kreditnehmer scheuen davor zurück, eine riskante Finanzierung einzugehen. Das ist heute nicht anders als vor der Finanzkrise. Das Zinsniveau ist allerdings ein anderes.
In den USA gibt es Autokredite für jeden
Was sich jetzt jenseits des großen Teichs zusammenbraut, folgt ganz genau den gleichen Grundzügen, als hätte es die Finanzkrise nie gegeben. Schuld daran ist auch dieses Mal wieder die übersteigerte Abhängigkeit vom Konsum in Konjunktion mit zu laxen Regulierungen.
Anstatt die Menschen, die ohnehin schon am unteren Rand der Einkommensverteilung leben, vernünftig zu unterstützen, werden sie mit aggressiven Werbemaßnahmen zur Kreditaufnahme verführt. Offenbar unberührt von jeglichem staatlichen Eingreifen. Ein Werbespot dazu:
Auf Deutsch: Ihr aktuelles Auto ist Schrott, Ihr Job ist fragwürdig oder Sie hatten bereits zwei Pfändungen, eine Zwangsversteigerung und haben einen Offenbarungseid geleistet? Vollkommen egal, Sie bekommen den Kredit. „Come in today and drive away.“
Kredit trotz Bankrott-Erklärung
Der Anwalt Charles Juntikka aus New York ist spezialisiert auf Insolvenzrecht. Er präsentiert in einem kurzen Beitrag in Last Week Tonight mehrere Schreiben, die seine Mandanten erhalten hatten, nachdem sie offiziell ihren Bankrott eingeräumt hatten.
Es handelt sich dabei beispielsweise um einen vorgefertigten Scheck über 21.627 USD oder ein offiziell anmutendes Zertifikat. Beide Schreiben ermutigen die Empfänger nachhaltig dazu, hochverzinste Kredite aufzunehmen (4).
Ungeprüft Kredit für Jedermann an jeder Ecke

Sogenannte „Buy here – Pay here“-Händler (hier kaufen – hier bezahlen) liefern zum gebrauchten Wagen gleich die passende Finanzierung. Auch für Menschen, die an anderer Stelle keinen Kredit bekommen.
Die Kreditzinsen liegen dabei durchschnittlich bei 19 Prozent und können bis zu 29 Prozent erreichen.
Der Anbieter Auto Masters begründet in einer Werbebotschaft, warum es für ihn möglich ist, trotz widriger Umstände einen Kredit zu vergeben (4):
- Auto Masters ist selbst eine Bank, muss also den Antrag nicht an dritter Stelle einreichen
- Man schenkt dem Credit-Score schlicht keine Beachtung
Das ist hochkritisch, speziell für Kreditnehmer mit schlechter Bonität. Erstens bezahlen sie einen Zinssatz, der sie mit Raten belastet, die sie häufig nicht durchhalten können. Zweitens sind diese Menschen oft in einer sehr schwierigen Lage und wissen nicht weiter, was sie zur leichten Beute macht.
John Oliver zitiert in seiner Show Quellen, die angeben, dass jeder dritte dieser Kredite platzt und das im Durchschnitt bereits nach sieben Monaten (siehe Video weiter unten).
In Deutschland sind die Regularien anders. Wer von den günstigen Zinsen für Autokredite profitieren möchte, muss sich das auch leisten können. Hier finden Sie heraus, wie günstig ein Autokredit für Sie wäre:
Wie sieht der Autokredit Markt derzeit in den USA aus?
In den Staaten sind 86 Prozent der arbeitenden Bevölkerung auf ein Auto angewiesen (5). Grund dafür ist vor allem der teure Wohnraum in Ballungsgebieten, was die Menschen dazu zwingt in entlegene Vororte zu ziehen und größere Entfernungen zum Arbeitsplatz zurückzulegen.
Ein eigener Wagen ist häufig unumgänglich
Da der öffentliche Nahverkehr nur unzureichend ausgebaut zu sein scheint, setzen die meisten US-Arbeitnehmer auf das eigene Auto. Für sie ist der Verlust des Fahrzeugs eine erhebliche Bedrohung, da damit auch der Verlust des Arbeitsplatzes droht – Stichwort „hire and fire“.
Das Beispiel einer Amerikanerin zeigt, dass sie einen Bus, zwei Züge und noch einen Bus zur Arbeit nehmen muss. Im Ganzen dauert das 1,5 bis 2 Stunden. Der gleiche Weg ist mit dem Auto in einer Viertelstunde zu schaffen (4).
Das Volumen der Autokredite steigt beständig
Die Veröffentlichung der Federal Reserve Bank of New York (1) von Mai 2018 beziffert das Volumen aller bestehenden Autokredite für das erste Quartal 2018 auf 1,229 Billionen USD. Das entspricht einem Anstieg um acht Milliarden USD gegenüber dem vorherigen Quartal. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind es sogar 62 Milliarden USD mehr.
Bei vielen dieser Kredite sind die Raten bereits seit 90 Tagen oder länger überfällig. Diese notleidenden Kredite machen ein Volumen von insgesamt 8,27 Milliarden USD aus (Werte nur bis Q1 2017 verfügbar, Stand Mai 2018).
Datum: Die Werte beziehen sich auf das Quartal vor dem angegebenen Datum. Bsp: 04.2012 meint das erste Quartal 2012, da im April (04) die Daten der ersten drei Monate vorlagen.
Grüne Fläche: Volumen in Mrd. USD der Kredite, deren Ratenzahlungen mind. 30 überfällig sind
Violette Fläche: Volumen in Mrd. USD der Kredite, deren Ratenzahlungen mind. 90 überfällig sind
Definition eines Autokredits aus Sicht der FED
Autokredite werden von der Federal Reserve Bank of New York (1) wie folgt definiert:
Auto Loans are loans taken out to purchase a car, including Auto Bank loans provided by banking institutions (banks, credit unions, savings and loan associations), and Auto Finance loans, provided by automobile dealers and automobile financing companies.
Inkludiert werden also alle Gelder für Autos, die von Banken, Sparkassen, Autohändlern und spezialisierten Autofinanzierern vergeben werden.
Autokredite machen damit 9,30 Prozent der US Kreditwirtschaft aus. Die übrigen Kredite verteilen sich wie folgt:
- 67,66 Prozent – Immobilienkredite
- 10,65 Prozent – Studentenkredite
- 6,17 Prozent – Kreditkarten
- 3,30 Prozent – Dispokredite und Überziehungskredite
- 2,91 Prozent – Andere Kredite
(Quelle: FED Report für Q1 2018, eigenen Berechnungen)
Etwa seit dem ersten Quartal 2011 steigt die Anzahl der vorhandenen Konten für Autokredite stetig und liegt aktuell bei 110,90 Millionen Konten (Q1 2018).
In den USA läuft offenbar nichts ohne einen Kredit. Ohne Kreditkarten (knapp 467 Mio.) verzeichnen die offiziellen Statistiken mehr als 200 Millionen Kreditkonten (1).
- 110,90 Millionen Autokredite
- 79,90 Millionen Immobilienkredite
- 15,76 Millionen Dispo- und Überziehungskredite
Eine beachtliche Anzahl, wenn man bedenkt, dass in den USA nur 328,43 Millionen Menschen jeden Alters leben. (6)
(Stand: 2018)
Die durchschnittliche Höhe eines neuen Autokredits bei Beantragung lag 2012 noch bei 25.341 USD. Die Kredite sollten im Schnitt 62 Monate laufen und wurden mit durchschnittlich 4,6 Prozent verzinst.
Im letzten Quartal 2017 waren die Kredithöhe durchschnittlich auf 30.295 USD angestiegen, die Kredite wurden auf 67 Monate ausgelegt und kosteten im Schnitt 5,3 Prozent Zinsen (2).
Nachdem seit 2010, kurz nach den Schrecken der Finanzkrise, der Anteil an neuen Autokrediten mit schlechten und sehr schlechten Bonitäten im Hintergrund drastisch stieg und im Jahr 2015 seinen Gipfelpunkt mit fast 40 Prozent erreichte, konnte in den vergangenen Jahren zum Glück ein Rückgang um fast zehn Prozentpunkte verzeichnet werden. Denn man beachte, dass zur Zeit der Finanzkrise 2007/ 2008 der Anteil der Neukredite mit schlechter und sehr schlechter Bonität ebenfalls bei rund 40 Prozent lag.
Die Bonitäten werden dabei mittels des Credit Scores in 5 „Klassen“ geteilt (3), die wir hier der Übersichtlichkeit halber mit römischen Ziffern versehen:
Schlechte Bonität | Eher schlechte Bonität | Durchschnittliche Bonität | Eher gute Bonität | Gute Bonität |
---|---|---|---|---|
Klasse I | Klasse II | Klasse III | Klasse IV | Klasse V |
< 620 | 620 – 659 | 660 – 719 | 720 – 759 | 760 + |
So sehen die Zahlen im Detail aus:
Neue Autokredite in Mrd. USD je Bonitätsklasse | Neukredite Volumen in Mrd. USD | Summe Bonitäten I + II in Mrd. USD | Anteil Bonitäten I+II an Neukrediten | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Zeitraum | I | II | III | IV | V | |||
2007: Q1 | 27,7 | 11,7 | 19,3 | 13,7 | 21,1 | 93,6 | 39,5 | 42,16% |
2007: Q2 | 30,9 | 13,9 | 22,2 | 15,6 | 25,5 | 108,1 | 44,8 | 41,42% |
2007: Q3 | 32,5 | 15,1 | 22,7 | 17,1 | 27,2 | 114,6 | 47,6 | 41,51% |
2007: Q4 | 28,7 | 11,8 | 19,3 | 14,2 | 24,9 | 98,9 | 40,5 | 40,99% |
2008: Q1 | 24,9 | 10,9 | 17,7 | 13,3 | 22,1 | 88,9 | 35,8 | 40,25% |
2008: Q2 | 24,9 | 12,5 | 18,3 | 14,8 | 26,4 | 98,0 | 38,5 | 39,26% |
2008: Q3 | 25,9 | 11,7 | 20,5 | 14,0 | 25,8 | 93,5 | 33,2 | 35,48% |
2008: Q4 | 21,5 | 8,6 | 15,5 | 11,3 | 20,5 | 72,8 | 25,6 | 35,13% |
2009: Q1 | 24,9 | 7,2 | 13,3 | 10,2 | 20,4 | 65,5 | 21,1 | 32,53% |
2009: Q2 | 16,9 | 7,5 | 14,2 | 11,4 | 23,7 | 69,4 | 20,1 | 28,97% |
2009: Q3 | 14,0 | 8,8 | 15,6 | 13,7 | 28,2 | 81,0 | 23,4 | 28,92% |
2009: Q4 | 12,6 | 7,4 | 13,2 | 11,3 | 23,2 | 66,5 | 18,8 | 28,26% |
2010: Q1 | 11,9 | 7,6 | 12,9 | 16,7 | 16,3 | 65,3 | 19,5 | 29,84% |
2010: Q2 | 15,6 | 9,1 | 17,3 | 21,0 | 20,9 | 83,9 | 24,7 | 29,42% |
2010: Q3 | 15,4 | 10,2 | 19,5 | 22,1 | 22,7 | 89,8 | 25,6 | 28,49% |
2010: Q4 | 16,8 | 9,0 | 17,0 | 21,0 | 18,1 | 81,9 | 25,8 | 31,52% |
2011: Q1 | 15,0 | 9,5 | 16,2 | 19,0 | 19,6 | 79,2 | 24,5 | 30,88% |
2011: Q2 | 18,4 | 11,5 | 18,9 | 21,8 | 21,8 | 92,4 | 29,9 | 32,36% |
2011: Q3 | 20,3 | 12,7 | 22,1 | 23,3 | 21,0 | 99,4 | 33,0 | 33,21% |
2011: Q4 | 17,7 | 11,2 | 18,7 | 20,9 | 19,6 | 88,2 | 28,9 | 32,78% |
2012: Q1 | 19,1 | 11,2 | 18,4 | 20,6 | 20,3 | 89,6 | 30,3 | 33,84% |
2012: Q2 | 23,1 | 13,6 | 21,0 | 22,6 | 21,7 | 102,0 | 36,7 | 35,98% |
2012: Q3 | 24,4 | 14,2 | 21,5 | 24,9 | 22,4 | 107,5 | 38,6 | 35,93% |
2012: Q4 | 23,5 | 14,9 | 23,5 | 25,6 | 22,5 | 110,0 | 38,4 | 34,93% |
2013: Q1 | 20,3 | 13,4 | 21,5 | 22,6 | 21,4 | 99,2 | 33,7 | 33,98% |
2013: Q2 | 26,2 | 15,7 | 25,1 | 25,5 | 23,6 | 116,1 | 41,8 | 36,03% |
2013: Q3 | 26,8 | 17,4 | 29,1 | 27,9 | 26,3 | 127,6 | 44,2 | 34,67% |
2013: Q4 | 25,2 | 15,6 | 22,5 | 23,2 | 23,7 | 110,1 | 40,8 | 37,04% |
2014: Q1 | 23,1 | 14,0 | 23,0 | 24,0 | 24,8 | 108,8 | 37,1 | 34,07% |
2014: Q2 | 28,1 | 17,5 | 27,0 | 27,5 | 25,8 | 125,9 | 45,6 | 36,19% |
2014: Q3 | 29,0 | 16,9 | 29,4 | 29,2 | 28,1 | 132,6 | 45,9 | 34,65% |
2014: Q4 | 28,6 | 16,5 | 26,8 | 26,1 | 27,3 | 125,5 | 45,2 | 36,01% |
2015: Q1 | 25,3 | 14,6 | 25,5 | 25,1 | 26,5 | 117,0 | 39,9 | 34,09% |
2015: Q2 | 37,6 | 20,7 | 30,9 | 30,3 | 28,7 | 148,3 | 58,4 | 39,37% |
2015: Q3 | 33,2 | 20,1 | 31,7 | 31,7 | 34,2 | 150,9 | 53,3 | 35,31% |
2015: Q4 | 28,7 | 17,1 | 28,9 | 27,9 | 28,8 | 131,5 | 45,8 | 34,82% |
2016: Q1 | 26,9 | 16,1 | 26,3 | 27,0 | 27,6 | 123,9 | 43,0 | 34,71% |
2016: Q2 | 33,6 | 20,7 | 31,7 | 32,1 | 30,9 | 148,9 | 54,3 | 36,43% |
2016: Q3 | 31,3 | 19,8 | 33,5 | 21,2 | 44,0 | 149,8 | 51,1 | 34,11% |
2016: Q4 | 27,2 | 17,8 | 31,8 | 19,5 | 45,7 | 142,0 | 45,0 | 31,69% |
2017: Q1 | 25,9 | 25,6 | 28,5 | 20,4 | 42,0 | 132,4 | 41,5 | 31,34% |
2017: Q2 | 32,3 | 18,6 | 33,2 | 20,6 | 43,7 | 148,4 | 50,9 | 34,27% |
2017: Q3 | 29,6 | 18,2 | 33,7 | 23,0 | 46,1 | 150,6 | 47,8 | 31,74% |
2017: Q4 | 26,0 | 16,7 | 30,2 | 20,2 | 44,1 | 137,2 | 42,7 | 31,13% |
2018: Q1 | 24,7 | 15,1 | 28,6 | 18,9 | 43,6 | 130,9 | 39,8 | 30,40% |
Quelle: Federal Reserve Bank of New York, eigene Berechnungen
Anfang 2010 wurden knapp 30 Prozent der Autokredite an Personen mit wenig guter Bonität vergeben (schlechte plus eher schlechte Bonität). Im zweiten Quartal 2016 waren es bereits über 36 Prozent. Das entsprach einem Anstieg von 22,08 Prozent.
Es gelang den Amerikanern, die Quote der schlechten und sehr schlechten Autokredite wieder zu senken: Im ersten Quartal 2018 lag der Anteil bei 30,40 Prozent und damit knapp einen Prozentpunkt unter dem Vorjahreswert. Eine durchaus positive Entwicklung.
Das Neukreditvolumen dieser Gruppe beträgt für den Abrechnungszeitraum Q1 2018 knapp 40 Mrd. USD und wurde damit seit dem ersten Quartal 2017 41,5 Mrd. USD) um 1,7 Mrd. USD abgebaut.
Datum: Die Werte beziehen sich auf das Quartal vor dem angegebenen Datum. Bsp: 04.2012 meint das erste Quartal 2012, da im April (04) die Daten der ersten drei Monate vorlagen.
Braune Linie: Summe der Kreditvolumen
Rote Linie: Autokredite an Kunden mit schlechter Bonität
Grüne Linie: Autokredite an Kunden mit unterdurchschnittlicher Bonität
Anteil der Autokredite für Verbraucher mit schlechter plus eher schlechter Bonität am Gesamtmarkt
Datum: Die Werte beziehen sich auf das Quartal vor dem angegebenen Datum. Bsp: 04.2012 meint das erste Quartal 2012, da im April (04) die Daten der ersten drei Monate vorlagen.
Grüne Linie: Anteil der Autokredite für Verbraucher mit schlechter plus eher schlechter Bonität am Gesamtmarkt in Prozent
Gleichzeitig verbesserten sich die Werte für die Autokredite an Personen mit mindestens durchschnittlicher oder besserer Bonität im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ihr Anteil in Q1 2018 am Gesamtmarkt betrug 69,6 Prozent, im zweiten Quartal des Vorjahres waren es 68,6 Prozent (1).
Etwa 37 Millionen Amerikaner in Schwierigkeiten

Bei der ersten Bonitätsgruppe ist es eben deutlich wahrscheinlicher, dass der Kredit notleidend wird, d.h. dass der Kreditnehmer in Zahlungsverzug gerät. Genau diese Gruppe macht nun manchen Marktbeobachtern Sorgen.
Da etwas mehr als 110 Millionen laufende Autokreditkonten geführt werden und, wie obige Daten belegen, ein starkes Drittel dieser Kreditnehmer nur über eine bestenfalls ungenügende Bonität verfügen, muss davon ausgegangen werden, dass etwa 37 Millionen Autokredit-Konten notleidend sind und somit auch 37 Millionen US-Bürger in (latenten) Schwierigkeiten stecken.
Bei einer Bevölkerung von aktuell knapp 330 Million ist das jeder Neunte. Natürlich unterstellt die Statistik in diesem Moment, das jeder Autokredit von einer Person aufgenommen wurde und jeder Kreditnehmer nur einen Autokredit führt.
Bei der ersten Erstellung dieser Studie im Herbst 2016 fokussierten wir die Entwicklung bis zum Q1 2016. Zu diesem Zeitpunkt lag die Zahl der gefährdeten Amerikaner bei 35 Millionen. Die Entwicklung ist somit als negativ zu werten.
Nicht beurteilt werden kann dabei, ob sich die grundlegenden Bewertungskriterien der Bonität geändert haben. Wäre das der Fall, könnte es im schlimmsten Fall sein, dass sich die Situation noch dramatischer verschlimmert hat.
Warum boomt das Geschäft mit wackeligen Krediten?
Santander und GM Financial haben sich laut John Oliver, Moderator der US-amerikanischen, satirischen Late-Night-Talk- und News-Show „Last Week Tonight with John Oliver“, verstärkt in diesem Subprime Markt breit gemacht. Skopos und Exeter haben sich sogar darauf spezialisiert. Doch wozu, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass der Kredit platzt?
Man folgt dem Beispiel aus der Mitte der 2000er Jahre. Schlechte Kredite werden gebündelt und als Investment an der Börse verkauft. Wir kennen die Konsequenzen, die solche Taktiken haben können.
Wo liegen die Wurzeln für dieses Geschäft?
Ironischer Weise lieferte die Finanzkrise und deren Folgen den Nährboden für den Subprime Autokreditmarkt: Die niedrigen Zinsen zwangen Finanzinstitute wie beispielsweise Pensionskassen, Investmentfonds und Versicherer nach Alternativen zu suchen.
Da für viele Amerikaner die Devise gilt: „Kein Auto, keine Arbeit“ würden sie eher das Essen mit Kreditkarte bezahlen oder mit einer Mietzahlung in Rückstand geraten, bevor sie den Autokredit nicht bedienen, so die Zeit Online in ihrem Artikel (5).
Wenn ein so starker Wille bzw. eine so zwingende Notwendigkeit besteht, den Kredit zu bedienen, dann ist das ein verlockender Sachverhalt für Kreditgeber.
Worin liegt die Gefahr einer Autokreditblase in den USA?

Um die Bedenken zu mäßigen: Im Vergleich zu den Immobilienkrediten sehen wir bei den Autofinanzierungen einen deutlich kleineren Finanzmarkt. Daher wären auch die Folgen einer platzenden Finanzblase in diesem Sektor lange nicht so gravierend.
Wie dem auch sei, es hängt ein Rattenschwanz an dem Problem. Es ist nicht einfach nur ein Auto, das im Ernstfall dem einzelnen Kreditnehmer nicht mehr zur Verfügung steht, weil es gepfändet wurde. Es handelt sich um 1,41 Millionen neue Einzelfälle:
Es wurden im vierten Quartal 2017 Autokredite mit einem Volumen von 42,7 Mrd. USD von Menschen mit schlechter oder eher schlechter Bonität aufgenommen (Credit Score <620 bis 659, (3)).
Bei einem durchschnittlichen Autokreditvolumen von etwa 30.295 USD im Q4 2017 (2) ergeben sich daraus 1,41 Millionen Einzelverträge. Und das bedeutet 1,41 Millionen neue Schicksale, deren Existenzen, Jobs und Familien bedroht sind. Sollte gehäuft der Worst-Case eintreten, hat das eine Kettenreaktion zur Folge.
Unsere letzte Untersuchung ergab an dieser Stelle einen Wert von 1,75 Millionen Einzelschicksalen. Somit wurden vom zweiten bis zum vierten Quartal 2017 etwa 340.000 Menschen weniger in die finanziell brenzlige Situation manövriert, ein sehr erfreulicher Trend.
Die Kettenreaktion einer Subprime-Krise
Das ist aber noch nicht das Ende vom Lied. Noch lange nicht.
Die Autofinanzierer, vom kleinen Autohändler oder Kreditgeber bis hin zur etablierten Bank, müssen immer wieder gescheiterte Kredite verkraften (beispielsweise ist die Santander groß in dem Geschäft unterwegs (4)).
Im Einzelfall wird das Auto verkauft und die Forderung auf diese Weise befriedigt. Wird der Markt aber plötzlich von 1,41 Millionen Fahrzeugen geflutet, da massenhaft Kredite scheitern, gehen nicht nur die Preise mit einem Schlag in den Keller. Die Kreditgeber bleiben ab einem gewissen Punkt schlicht auf ihren beschlagnahmten Kreditsicherheiten sitzen.
Einigen bleibt dann nicht viel mehr übrig als selbst in die Insolvenz zu gehen. Kreditinstitute, vom kleinen bis zum großen, sind miteinander verflochten. Fällt einer, zerrt das an der Standhaftigkeit der anderen. Denn sie refinanzieren sich über günstigere Kredite untereinander, die dann ebenfalls schwer zu bedienen sind. Das ist wohl eine der Hauptlehren aus der vergangenen Weltwirtschaftskrise.
Der Ruck im System bei einer Subprime Autokredit Krise würde wohl nicht so heftig werden, wie bei den geplatzten Immobilienkrediten, aber wir sind ja auch noch nicht fertig mit der Schwarzmalerei.
Die Krise zieht Kreise

Werden 1,41 Millionen Fahrzeuge auf den US Markt geworfen und das in relativ kurzer Zeit, wird der Markt sehr schnell gesättigt und die Preise verfallen. Auch normale Autohändler, die nicht oder nur indirekt ins Kreditgeschäft verstrickt sind, fangen an zu schwimmen und werden reihenweise untergehen, da ihnen der Absatzmarkt wegbricht.
In der logischen Konsequenz werden die Hersteller der Fahrzeuge einen Einbruch des heimischen Marktes verspüren. Die ausländischen Märkte werden einen so drastischen Niedergang der Absatzzahlen nicht auffangen können. Die Folgen sind Kurzarbeit und Entlassungen.
Stichwort Arbeitslosigkeit: 86 Prozent der US Amerikaner fahren mit dem Auto zur Arbeit. Daraus folgt: Wird ihnen das Auto weggenommen, kommen sie vielleicht nicht zur Arbeit, oder müssen zumindest wesentlich mehr Stress auf sich nehmen.
In der Folge wird das zu vielen Arbeitsplatzverlusten führen, denn die Arbeitnehmerschutzgesetze in den USA sind wesentlich lockerer als hierzulande. Hire and fire, heißt es dort. Ist der Arbeitnehmer müder, gestresster oder unpünktlich, kann er seine Sachen packen.
Dass die Automobilhersteller zu kämpfen haben wird diese Situation noch verschärfen. Sie zählen in den USA zu den Schwergewichten unter den heimischen Wirtschaftsmächten, ganz analog zum deutschen Markt. Leiden Sie, bekommt der US Arbeitsmarkt einen spürbaren Dämpfer.
Weiteres Öl in dieses Feuer gießen die Automobilzulieferer, die in den selben Schuhen gehen werden. Auch ihnen brechen die Absatzzahlen weg, da die Kunden schlicht weniger Teile brauchen.
Wird der Arbeitsmarkt der weltgrößten Volkswirtschaft nachhaltig erschüttert, fallen Steuereinnahmen weg bei gleichzeitig steigenden Sozialausgaben. Die gesamte Volkswirtschaft ist damit betroffen.
Zusammenfassung der Statistiken

Seit Mitte 2012 steigt das Volumen der Kredite, bei denen die Ratenzahlungen mindestens 30 oder mindestens 90 Tage überfällig sind. Bei Krediten mit einem Volumen von 17 Milliarden USD stehen seit mind. 30 Tagen die Raten aus. Darin enthalten sind über 8 Milliarden USD, bei denen die Raten bereits seit über 90 Tagen fällig sind (Q1 2017, Stand Mai 2018).
Im ersten Quartal 2018 konnte die Zahl der Kreditvergaben an Personen mit eher schlechter bis schlechter Bonität (39,8 Mrd. USD) um 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (41,5 Mrd. USD) reduziert werden.
Der längere Trend zeigt insgesamt eine unerfreuliche Entwicklung. Die Volumina der notleidenden Neukredite an Personen mit schlechter und eher schlechter Bonität ist mit 39,8 Mrd USD in Q1 2018 sehr hoch, zumal im Q1 2008 „nur“ ein Volumen über 35,8 Mrd. USD vergeben wurde. Aus diesem Grund klingeln für einige Marktbeobachter die Alarmglocken.
Bezogen auf das Gesamtkreditvolumen für alle Bonitäten sank der Anteil allerdings im Vergleich zu vor zehn Jahren, nämlich um satte 24,6 Prozent. Das liegt daran, dass im ersten Quartal 2018 insgesamt mehr neue Autokredite vergeben wurden, und zwar sage und schreibe 47,2 Prozent mehr (siehe Infografik).
Fazit und Ausblick

Um die Frage nach dem Wohl oder Wehe der aktuellen Situation um die Autokreditvergabe in den USA zu beantworten, muss die Frage nach dem Worst-Case gestellt werden. Dieser wäre ein massenhafter Ausfall der schlechten Kredite.
Da die Banken den Anteil an suboptimalen Finanzierungen in ihren Büchern zumindest prozentual gesenkt haben, könnte man von einer Verbesserung beim Risikopotential sprechen. Das ist ohne Frage ein Pluspunkt.
Außerdem sank das Gesamtvolumen der riskanten Finanzierungen auf knapp 40 Mrd. USD. Dem Trend zufolge wird das Volumen der schlechten Kredite allerdings auf langfristige Sicht weiterhin ansteigen.
Also zurück zum Worst-Case: Massenhafte Kreditausfälle. Die Autos können nicht mehr als Sicherheit verwertet werden, da es zu einem Massenverkauf kommt und der Markt überschwemmt wird.
Um die ausstehenden Gelder einzutreiben, müssen die Banken an einer Stelle ansetzen, an der noch etwas zu holen ist. Das bedeutet unter Umständen auch die Fälligstellung der Kredite, die eigentlich hervorragend laufen. In diesem Szenario kämen gut situierte Kreditnehmer unverschuldet unter die Räder.
Wichtig für die Kreditgeber in Amerika ist eine solide Finanzdecke, um die solventen Kreditnehmer zu schützen. Gleichzeitig sollten sie das Gesamtvolumen der Subprime Kredite zurückfahren und den prozentualen Anteil weiter senken.
Ein Problem dabei, speziell aber nicht nur in den USA, ist: Nach wie vor gilt ein grundlegendes Prinzip mit dem Gewicht eines Naturgesetzes: Je mehr Profit gemacht werden soll, desto höher werden die Risiken, die dazu eingegangen werden.
Es steht völlig außer Frage, dass sich Entscheider finden werden, die maximale Risiken eingehen um die Profite zu maximieren. Schließlich zocken sie nicht mit ihrem eigenen Geld und werden womöglich auch nicht zur Verantwortung gezogen.
Mit der geplanten Deregulierung des Finanzmarktes durch den Präsidenten Trump scheint eine staatliche Zügelung des Marktes vom Tisch zu sein. Es steht zu befürchten, dass dann Profitinteressen das vernünftige Wirtschaften wieder ausblenden.
Ja, es braut sich tatsächlich wieder etwas zusammen in Amerika. Welche Wellen aus diesen Entwicklungen über den großen Teich zu uns schwappen, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Einen positiven Einfluss auf unsere Wirtschaft werden sie aber mit Sicherheit nicht mit sich bringen.
Autor: Marc Opitz; Update: Tina Reisewitz
Quellen und weiterführende Information
(1) Federal Reserve Bank of New York – Household debt and credit report
(2) Federal Reserve System (USA) – Consumer Credit G.19 vom 07. Mai 2018
(3) Federal Reserve Bank of New York: „Credit score is the Equifax Risk Score 3.0. It was developed by Equifax and predicts the likelihood of a consumer becoming seriously delinquent (90+ days past due). The core ranges from 280-850, with a higher score being viewed as a better risk than someone with a lower score.“
(4) Youtube – Auto Lending: Last Week Tonight with John Oliver (HBO)
(5) Zeit Online – Angst vor der US-Autoblase
(6) IMF — International Monetary Fund
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