Benötigen Anschlusszinsvereinbarungen eine eigenständige Widerrufsbelehrung?
Mit der Frage, ob eine Anschlusszinsvereinbarung für eine Anschlussfinanzierung ein eigenständiger Kreditvertrag sei, für den ein gesondertes Widerrufsrecht mit eigener Widerrufsbelehrung gelten muss, wird sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigen müssen. Der Bundesgerichtshof hat dies bereits verneint.
- Eine Anschlussfinanzierung steht im direkten Kontext zum ursprünglichen Kreditvertrag.
- Für eine Anschlusszinsvereinbarung entfällt die Notwendigkeit einer erneuten Widerrufsbelehrung (BGH).
Der Sachverhalt
Eine Immobilienerwerberin hatte in den Jahren zwischen 1994 und 1999 drei Immobilienkredite mit einer Sparkasse abgeschlossen. Für die Anschlussfinanzierung wurde vereinbart, dass die Darlehensnehmerin nur einen variablen Zinssatz entrichten muss, wenn es zu keiner Einigung in Bezug auf einen Festzins kommt. Es kam jedoch bei allen drei Krediten zu einer wiederholten Zinsfestschreibung. Die Vereinbarungen erfolgten per Telefax und per Brief.
Die Klägerin monierte im Nachhinein, dass es für die Zinsbindungen einer gesonderten Widerrufsbelehrung bedurft hätte, da diese entsprechend des Fernabsatzgesetzes geschlossen worden seien. Die Widerrufsbelehrung ist bei Fernabsatzverträgen sowohl nach europäischem als auch nach deutschem Recht zwingend. Sie klagte daraufhin aufgrund der fehlenden Widerrufsbelehrungen auf Erstattung der Zinsdifferenz zwischen Festzins und variablem Zins.
Das Landgericht Kiel legte die Frage dem EuGH vor, mit der Bitte um Klärung, ob eine Anschlusszinsvereinbarung, welche per Fax, Brief oder E-Mail vereinbart wird, eine eigenständige Finanzdienstleistung darstellt und unter die Fernabsatzrichtlinie 2002/65/EG fällt, oder nur eine Folgevereinbarung ist (1).
Das sagt der Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich schon im Vorfeld mit der Thematik beschäftigt und eine Stellungnahme dazu abgegeben (2). Kurz vor Ablauf der Frist des EuGH hatte der BGH festgestellt, dass eine Anschlussfinanzierung keinen eigenständigen Vertrag darstelle und daher auch nicht unter die Fernabsatzrichtlinie falle.
Der BGH stellte auch die Entscheidung des Landgerichts Kiel, den Vorgang an den EuGH weiterzuleiten, infrage. Grund sei, dass die Anschlussfinanzierung, die „unechte Abschnittsfinanzierung“, eng mit dem eigentlichen Kreditvertrag verknüpft sei, und es somit keiner eigenständigen Widerrufserklärung bedarf.
Die Entscheidung des EuGH steht, Stand Februar 2019, noch aus.
Quellen und weiterführende Link
(1) Europäisches Parlament – Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher
(2) Bundesgerichtshof – XI ZR 202/18 und XI ZR 6/12