Nutzungsentschädigung bei widerrufenen Kreditverträgen
Beschluss des Bundesgerichtshofs – Az. XI ZR 116/15
In Deutschland ist gesetzlich festgelegt, dass beim Widerruf eines Vertrages grundsätzlich jener Zustand wiederherzustellen ist, der bestanden hätte, wenn das Vertragsverhältnis niemals begründet worden wäre. Dies gilt natürlich auch im Falle eines Darlehensvertrages.
Hier gibt es jedoch besondere Feinheiten, auf die diesbezüglich zu achten ist. Über diese Feinheiten hatte der Bundesgerichtshof in den vergangenen Monaten und Jahren bereits mehrfach Urteile gesprochen und Erklärungen abgegeben.
Rechtliche Grundlagen nach einem erfolgten Widerruf
Grundsätzlich gilt: Ein Darlehensverhältnis wandelt sich, wenn ein Widerruf erklärt wurde, in ein sogenanntes Rückabwicklungsverhältnis um. Im Rahmen dieses Verhältnisses haben beide Parteien die empfangenen Leistungen einander zurück zu gewähren und die daraus gezogenen Nutzungen herauszugeben.
Doch wie berechnet sich eine solche Nutzung eigentlich? Oder – konkret gefragt: Wenn eine Bank mit dem Geld ihrer Kunden arbeitet, wie hoch ist dann der Verzugszins in Relation zum Basiszinssatz, der bei einem Widerruf als Nutzungsersatz herausgegeben werden muss?
Der Bundesgerichtshof hat festgelegt, dass bei Zahlungen an die Bank grundsätzlich die Vermutung dafür besteht, dass diese daraus einen Nutzen in Form eines üblichen Verzugszinssatzes in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat. Diesen Wert müsse sie schließlich als Nutzungsersatz herausgeben.
Grundsätzlich, so die Richter am BGH, seien nach einem Widerruf des Vertragsverhältnisses nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Die diesbezüglichen Grundlagen sind im Paragraph 346 BGB festgelegt (1).
Will die Bank die Nutzungsentschädigung drücken, braucht sie klare Beweise
Trotzdem sei bei Zahlungen an eine Bank davon auszugehen, dass das Kreditinstitut Nutzungen in Höhe des üblichen Verzugszinssatzes gezogen habe und sie somit diesen Verzugszins in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz herausgeben muss.
Diese Vermutung gelte zumindest so lange, wie das Kreditinstitut nicht lückenlos belegen könne, wie viel Gewinn sie durch das Kapital des Kunden erwirtschaftet hat. Möchte sie einen niedrigeren Gewinn belegen, so müsse sie sämtliche relevanten Verträge und Kalkulationen vorlegen, mit denen der Gegenbeweis vollumfänglich geführt werden könne.
Die pauschale Aussage, dass mit dem Kapital des Kunden keine oder nur geringe Nutzungen gezogen wurden, reiche nicht aus, damit sich die Bank aus der Affäre ziehen kann.
Somit können sich betroffene Banken nach Meinung der Richter am Bundesgerichtshof zukünftig nicht mehr auf die Tatsache berufen, dass es im Hinblick auf den Nutzungsersatz bei der Rückabwicklung von Darlehensverträgen immer noch ungeklärte Rechtsfragen gibt. Ergo müsse sich der Verbraucher nicht mehr mit niedrigeren Nutzungsentschädigungen zufrieden geben, da der BGH hiermit eine eindeutige Rechtsprechung getroffen hat.
Warum Verbraucher geschlossene Darlehensverträge widerrufen können
Aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen können immer wieder Darlehensverträge auch noch nach Jahren wirksam widerrufen werden. Für den Vertragsnehmer ergeben sich daraus erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Er kann sich nicht nur die gefürchtete Vorfälligkeitsentschädigung ersparen, sondern durch die durch den BGH getroffene Regelung auch seine Rückzahlungsschuld deutlich reduzieren.
Wer von einem solchen Sachverhalt betroffen ist, der sollte seine Ansprüche detailliert und möglichst zeitnah prüfen lassen, am besten durch einen spezialisierten Rechtsanwalt. Dieser kann im Anschluss auch dabei helfen, die Ansprüche gegenüber der Bank durchzusetzen.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 346 Wirkungen des Rücktritts