Staatsverschuldung in der EU
Die Schulden der 27 EU-Staaten steigen immer weiter an, heißt es oft. In Geldbeträgen gesprochen stimmt das tatsächlich, die Höhe der Staatsverschuldung insgesamt liegt derzeit bei satten 12,74 Billionen Euro (Stand: Q3 2021, Quelle: Eurostat). Doch was eigentlich zählt, ist die Höhe der Schulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Und hierbei sieht es innerhalb der EU seit einigen Jahren schon deutlich besser aus. Die Coronokrise hat die positiven Trends allerdings geändert.
- Die Staatsverschuld aller 27 EU-Staaten insgesamt als Eurobetrag steigt immer weiter an. Laut Prognose wird aber der durchschnittliche Schuldenstand der EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2022 leicht sinken, nachdem 2021 das höchste Niveau seit Bestehen EU erreicht wurde.
- Prozentual zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinkt die Staatsverschuldung in der EU allerdings seit 2014. Infolge der Coronakrise kam es jedoch für alle EU-Staaten zu einem deutlichen Schuldenanstieg im Verhältnis zum BIP. Den Prognosen nach soll sich allerdings ab 2022 ein Rückgang einstellen.
- Den höchsten Schuldenstand in Eurobeträgen wiesen 2020 Frankreich (2,649 Billionen Euro) und Italien (2,574 Billionen Euro) auf.
- Den höchsten Schuldenstand prozentual zum BIP verzeichneten Griechenland (206,3 Prozent) und Italien (155,6 Prozent).
Noch einmal kurz zur Auffrischung – zu den 27 EU-Staaten gehören:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern.
Seit dem Brexit am 1. Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil der EU.
EU insgesamt in absoluten Werten
Wird nur der reine Eurobetrag betrachtet, stieg die Staatsverschuldung in der EU seit Beginn der Datenaufzeichnung im Jahr 2000 kontinuierlich an. Lag der Wert in 2000 noch bei 5,22 Billionen, sind es in 2020 schon 12,07 Billionen. Das bedeutet eine Zunahme der Staatsverschuldung aller EU-Staaten zusammen um 131,2 Prozent.
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EU-Staaten in absoluten Werten
Nachfolgend können Sie die Staatsverschuldung der einzelnen EU-Staaten in Euro sehen. Frankreich und Italien sind hierbei die deutlichen Spitzenreiter. Aber auch Deutschland hat betragsmäßig einen sehr hohen Schuldenstand. Doch im Gegensatz zu den anderen beiden Ländern ist für Deutschland wenigstens bis zur Corona-Krise ein Schuldenabbau zu erkennen.
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EU insgesamt in Prozent vom BIP
Mit der Unterzeichnung des Fiskalpakts im Jahr 2012 verpflichteten sich einige EU-Staaten, konkret die Euroländer, zur jährlichen Schuldenreduktion im jeweils eigenen Land. Mit der sogenannten Maastricht-Grenze wurde die maximal zulässige Schuldenhöhe auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts festgesetzt.
Die durchschnittliche Staatsverschuldung aller EU-Staaten zeigt seit 2014 einen sinkenden Trend. Dennoch lag sie im Jahr 2020 bei knapp 90 Prozent. Werden nur die Eurostaaten betrachtet, lag sie sogar bei 97,3 Prozent, in jedem Falle also deutlich über der Maastricht-Grenze.
Die folgenden Werte für die Jahre 2021 bis 2023 entsprechen Prognosen und entstammen dem Bericht der Europäischen Kommission "European Economic Forecast". Die erwartete Verschuldungsdynamik spiegelt unter anderem einen Schneeballeffekt aufgrund des stark negativen nominalen BIP-Wachstums wider. In einigen Fällen kommt es auch zu erheblichen Anpassungen des Schuldenflusses, insbesondere in Deutschland (aufgrund der Einrichtung des Fonds für wirtschaftliche Stabilisierung), Zypern (aufgrund einer geplanten Erhöhung der Barreserven) und Slowenien ( aufgrund von Steuerstundungen und Vorfinanzierungen für 2021). Im Jahr 2022 wird die Gesamtschuldenquote voraussichtlich sinken, zumindest unter der Annahme, dass sich die Politik nicht ändert. Dennoch wird dann die Gesamtschuldenquote der Prognose nach über der Vorkrisenquote von 2019 liegen.
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EU-Staaten in Prozent vom BIP
Die folgenden Statistiken zeigt, dass viele EU-Staaten ihre Staatsverschuldung unterhalb der Grenze von 60 Prozent halten können. Doch einige Ländern verschlechtern den Durchschnitt enorm. Dazu gehören in erster Linie Griechenland (206,3 Prozent) und Italien (155,6 Prozent).
Im Allgemeinen sind vor allem die südlichen Länder Europas von hohen oder sogar steigenden Schuldenbergen betroffen. Den heftigsten Schuldenzuwachs unterlagen allerdings ganz andere Länder. Zwischen den Jahren 2000 und 2020 erhöhten sich die Schulden im Verhältnis zum BIP beim Spitzenreiter Estland um 272,55 Prozent, gefolgt von Lettland mit 257,02 Prozent.
Deutschland kündigte für 2015 an, erstmals keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu müssen. Und tatsächlich sank seitdem nicht nur der Schuldenanteil am BIP, sondern auch in Form des Eurobetrags. Doch erst in 2019 schaffte es der deutsche Staat, erstmals seit der Unterzeichnung des Fiskalpakts die Maastricht-Grenze einzuhalten. Wenn auch nur sehr knapp mit 58,9 Prozent Staatsverschuldung. Doch schon 2020 konnte die Grenze nicht mehr eingehalten werden. Aufgrund der Coronakrise stiegen die Staatschulden wieder an und lagen in Deutschland wegen der Ausgaben für Hilfspakete bei etwa 68,7 Prozent.
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Die folgenden Werte für die Jahre 2021 bis 2023 entsprechen Prognosen und entstammen dem Bericht der Europäischen Kommission "European Economic Forecast".
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Gründe für die Staatsverschuldung
Einer der Gründe für die steigenden Schulden ist auch das fehlende Eingreifen der EU-Kommission. 1996 vereinbarten die Euro-Länder im Stabilitäts- und Wachstumspakt, das jährliche Staatsdefizit unter drei Prozent vom BIP zu halten. Diese Drei-Prozent-Grenze wurde seitdem schon unzählige Male überschritten und jedes Mal hätte die EU-Kommission eine Strafe verhängen müssen.
Die Europäische Kommission setzte bereits am 20. März 2020 als Reaktion auf die Covid-Krise, die Defizitkriterien (Konvergenzkriterien, Maastricht-Kriterien), sowie die maximal erlaubte jährliche Neuverschuldung in Höhe von maximal drei Prozent des nationalen BIP, sowie die Begrenzung der nationalen Schuldenquote auf unter 60 Prozent des jeweiligen BIP, außer Kraft.
Unübertroffener Spitzenreiter bei den Staatsdefiziten war im Jahr 2020 Spanien mit 11,9 Prozent. (Quelle: "European Economic Forecast" (Table 35)).