Neues Bauvertragsrecht bringt Bauherren mehr Rechtssicherheit
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Renate Kühnast (Die Grünen) und der Federführung von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) legte jetzt einen verbesserten Gesetzentwurf zum Baugewerbe vor.
Er soll Bauherren gegenüber den Gewerken, aber auch kleinere Handwerksbetriebe besserstellen. Was sind die wesentlichen Elemente?
Integration des Baurechts in das BGB
Als Grundlage des Gesetzes sollen bislang nur vertraglich vereinbarte Dinge wie Architektenvertrag, Ingenieurvertrag und Ähnliches Bestandteil des BGB werden. Die Rechtsprechung basierte bislang nur auf der Entscheidung des Richters, gesetzliche Grundlagen fehlten.
Mehr Rechte für Bauherren
Die Folge der Integration der Vertragsgrundlagen in das BGB bedeutet, dass Bauherren verbindliche Aussagen der ausführenden Gewerke und des Architekten einfordern können. Dazu zählen
- Eine verbindliche Aussage hinsichtlich des Fertigstellungstermins
- Eine detaillierte Baubeschreibung mit Mindestangaben, welche die unterschiedlichen Baubeschreibungen transparenter und damit vergleichbarer macht.
- Der Bauherr kann den Vertrag mit einer Frist von 14 Tagen kündigen.
- Dem Bauherrn steht ein einseitiges Anordnungsrecht hinsichtlich Veränderungen am Bau, abweichend von den ursprünglichen Plänen, zu.
Handwerker werden besser geschützt
Handwerker profitieren ebenfalls von der Novelle. Hatte ein Handwerker unwissentlich fehlerhaftes oder mangelhaftes Material verbaut, kann er jetzt vom Lieferanten nicht nur die Lieferung neuer Ware einfordern.
Es steht ihm vielmehr auch zu, dass der Lieferant oder der Hersteller die Kosten für Ausbau und erneuten Einbau erstatten. Mit diesem Schritt sollen gerade kleinere Handwerksbetriebe vor einer unverschuldeten Insolvenz bewahrt werden.
Welche Vorteile bringt die Novelle des Bauvertragsrecht?
Transparenz der Angebote
Beginnen wir mit der Baubeschreibung. Der jetzt gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandard bedeutet, dass Sie die Angebote der Handwerker oder des Bauträgers hinsichtlich Qualität der Materialien und der Preisgestaltung differenzierter betrachten und direkt miteinander vergleichen können.
Standardisiertes Rücktrittsrecht von 14 Tagen
Die Entscheidung, ein Haus zu bauen, bedeutet für einen durchschnittlichen Bauherrn ein Engagement im sechsstelligen Eurobereich. Um Sie als Bauherrn vor einem möglichen finanziellen Desaster aufgrund einer übereilten Entscheidung zu schützen, haben Sie künftig ein Rücktrittsrecht vom Vertrag mit einer Frist von 14 Tagen.
Das bedeutet für Sie, dass Sie Ihre Entscheidung in Ruhe und ohne Zeitdruck treffen können mit der Gewissheit, dass die Unterschrift zwei Wochen faktisch unwirksam ist.
Verbindliche Termingestaltung
Ein Neubau bedeutet zwangsläufig einen Umzug. Entweder müssen Sie den Mietvertrag Ihres bisherigen Zuhauses kündigen und die Wohnung fristgerecht räumen.
Haben Sie bislang in der eigenen Immobilie gewohnt, so haben Sie diese vermutlich verkauft und sind gezwungen, den Übergabetermin einzuhalten. Alternativ fällt gemäß Kaufvertrag eine Konventionalstrafe oder ein alternativer Ausgleich für den Käufer an.
Das verbindliche Datum zur Fertigstellung gibt Ihnen zusätzliche Planungssicherheit. Denn wird das Fertigstellungsdatum nicht eingehalten, können Sie den Verantwortlichen für alle entstandenen Kosten in den Regress nehmen.
Einseitiges Anordnungsrecht
Ein wichtiger Punkt, gerade wenn das Objekt durch einen Bauträger erstellt wird, ist das Weisungsrecht des Bauherrn. Sie haben während der Bauzeit das Recht, Änderungswünschen vorzutragen, welche für die Handwerker bindend sind.
Gesetzliche Verankerung der Vertragsgrundlagen
Die Rechtsgrundlage für Architektenverträge oder sonstige Vertragswerke rund um den Neubau basierten auf dem Vertragsrecht. Es oblag dem Richter, dieses fallweise zu interpretieren. Mit der Integration in das BGB gelten künftig klar definierte Paragrafen als Entscheidungsgrundlage.
Die Integration von Bauverträgen, Architektenverträgen und Ingenieurverträgen in das Werkvertragsrecht holt juristische Fragen, die bislang einzig aus den individuellen Verträgen heraus beantwortet werden konnten, aus der Grauzone.
Wie stellt sich das künftige Vorgehen für Bauherren dar?
Zunächst einmal kann nicht mehr jeder Auftragnehmer die Baubeschreibung ausgestalten, wie er möchte. Zwar gab es bisher schon Vorgaben, welche Informationen eine Baubeschreibung enthalten muss, aber keine rechtlichen Vorgaben.
Die gesetzlichen Vorgaben helfen Ihnen, Baubeschreibungen unterschiedlicher Anbieter genauer prüfen und abwägen zu können. Vergleichen Sie daher in aller Ruhe Preise und Leistungen der einzelnen Gewerke (1).
Materialbeschreibungen von Bauträgern wie „XY oder gleichwertige Ausführung“ sind zu schwammig. Bestehen Sie auf dem genannten Produkt. Gleichwertig ist nicht zu 100 Prozent identisch. Worauf Sie bei einem Kauf vom Bauträger achten müssen, erfahren Sie in diesem Video:
Interessant wird der Vergleich der Preise der einzelnen Gewerke. Billiger bedeutet dabei aber auch wieder, dass es nicht unbedingt gleich gut sein muss. Bitten Sie die Auftragnehmer um Referenzen.
Scheuen sich diese davor, heißt es Finger weg. Gleiches gilt übrigens für Bauträger selbst. Machen Sie sich die Mühe und besuchen Sie frühere Kunden des Bauträgers und fragen diese nach ihren Erfahrungen.
Arbeiten Sie mit einem Architekten, gilt das Gleiche. Immerhin steht er in der Verantwortung, dass der Bau ihren Vorgaben entspricht und auch die fristgerechte Fertigstellung gewährleistet ist.
Liegt die Auswahl der Handwerker in Ihren Händen, vergewissern Sie sich, dass diese über die notwendigen Betriebshaftpflichtversicherungen verfügen.
Wichtig ist, dass diese auch Allmählichkeitsschäden abdecken. Eine schlampig gesetzte Feuchtigkeitssperre beispielsweise zeigt erst im Laufe der Zeit, dass Wasser in das Mauerwerk eindringt.
Entscheidungsfreiheit nach der Unterschrift
Haben Sie die geeigneten Vertragspartner gefunden und sich zur Vertragsunterzeichnung entschlossen, können Sie dennoch weitersuchen oder im Falle einer besseren Empfehlung innerhalb von zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten. Die Unterschrift bedeutet folglich nicht, dass Sie sofort gebunden sind.
Für die Anbieter, Handwerker, Architekten oder Bauträger, bedeutet das neue Gesetz, dass der Verbraucher als Auftraggeber künftig die stärkere Position innehat. Es sollte daher nicht auszuschließen sein, dass sich das eher raue Geschäftsgebaren im Baugewerbe künftig etwas umgänglicher gestaltet.
Rechte und Pflichten des Bauherrn
Das neue Gesetz räumt Ihnen, wie bisher beschrieben, deutlich mehr Rechte gegenüber den Auftragnehmern ein als bisher. Als Bauherr haben Sie über die neu hinzugewonnenen Rechte aber auch Pflichten.
Die wesentlichste Pflicht ist die Sicherung der Baustelle. Das berühmte Schild „Betreten verboten – Eltern haften für ihre Kinder“ schützt Sie nur bedingt vor einer Regressforderung. Sie sind gehalten, ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.
Anwalt24.de definiert diese Pflicht für Bauherren wie folgt (2):
„Die Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen, deren Unterlassen zu Schadensersatzansprüchen führen kann. […]
Es wird von dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht erwartet, dass er die Gefahrenquelle gegen alle denkbaren Schadensfälle absichert, aber er muss alle Vorkehrungen gegen voraussehbare Gefahren treffen, die durch eine bestimmungsgemäße Benutzung eintreten können.“
Versicherungen bieten Schutz bei Pflichtverletzung
Die wichtigste Versicherung für Sie als Bauherr stellt die Bauherrenhaftpflichtversicherung dar. Diese schützt Sie vor Regressforderungen, wenn baustellenbedingt eine dritte Person zu Schaden kommt, beispielsweise durch herabfallende Dachziegel oder eine verschmutzte Straße.
An einer Feuerrohbauversicherung kommen Sie in keiner Weise vorbei. Diese stellt eine der Voraussetzungen dar, dass die Bank das Darlehen auszahlt.
Die Feuerrohbauversicherung bieten die Assekuranzen kostenlos an, wenn Sie bei Vertragsunterzeichnung bereits die spätere Wohngebäudeversicherung mit abschließen. Allerdings gibt es Unterschiede bei der Dauer für den kostenlosen Versicherungsschutz.
Einen weiteren sinnvollen Versicherungsschutz macht die Bauleistungsversicherung aus. Diese erstattet beispielsweise Unwetterschäden oder Schäden durch Diebstahl von Baumaterial.
Die Bauherrenhaftpflichtversicherung ist häufig als Deckungserweiterung in der privaten Haftpflichtversicherung enthalten. Details dazu finden sich in diesem Video:
Ohne Baufinanzierung nutzen die schönsten Gesetzesänderungen nichts
Sie möchten bauen oder einen Neubau von einem Bauträger erwerben und freuen sich, dass ihre Rechtsstellung verbessert wurde. Damit Ihr Bauvorhaben, gestärkt durch die Novelle, wirklich zu einem vollen Erfolg wird, muss natürlich auch die Finanzierung stimmen.
Die Transparenz eines Baugeldrechners ermöglicht es, sich unter den günstigsten Anbietern umzusehen. Neben dem effektiven Jahreszins spielen beim Vergleich aber auch noch andere Faktoren eine wichtige Rolle:
- Wie lange ist die Frist, für die eine Bank keine Bereitstellungszinsen oder Bauzeitzinsen berechnet? Diese Frist kann 30 Tage dauern, aber auch 180 Tage. Für Bauherrn kann das Thema Bauzeitzinsen entscheidend sein.
Dabei handelt es sich um einen Zins in Höhe etwa 0,25 Prozent pro Monat, den der Bauherr ab Bereitstellung des Darlehns bis zum Abrufen der jeweiligen Tranche zahlt. - Sind kostenfreie Sondertilgungen möglich? Das günstigste Darlehen ist das Abbezahlte. Einige Institute räumen einmal jährlich eine Sondertilgung ein, ohne dass Sie dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten müssen.
- Je niedriger die Zinsen, um so länger sollten Sie die Festschreibung wählen. Bietet Ihnen eine Bank eine Festschreibung über die gesamte Darlehenslaufzeit an? Damit wären Sie auf der sichersten Seite.
Entscheiden Sie sich für eine kurze Festschreibungsdauer, beispielsweise fünf Jahre in Kombination mit einer niedrigen Tilgung, kann dies fatal werden. Steigen die Zinsen in der Zwischenzeit, müssen Sie trotz Tilgung mit einer höheren Rate als bei der Erstfinanzierung rechnen. - Bauen Sie energieeffizient? Dann nutzen Sie auf jeden Fall die Förderprogramme der KfW. Neben zinsgünstigen Darlehen bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau auch nicht-rückzahlbare Zuschüsse (3).
Zusammenfassung
Die Gesetzesnovelle zum Bauen oder dem Kauf eines Neubaus bietet den Erwerbern oder Bauherren jetzt bessere rechtliche Grundlagen gegenüber den Auftragnehmern.
Damit der Neubau ein voller Erfolg wird, gilt es neben der Auswahl der richtigen Vertragspartner auch darauf zu achten, dass die Rahmenbedingungen, Haftung während der Bauzeit und bestmögliche Finanzierung des Objektes stimmig sind.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Verbraucherzentrale: Die Muster-Baubeschreibung
(2) Anwalt24.de – Definition der Verkehrssicherungspflicht
(3) Kreditvergleich.net – Ratgeber zur den Förderprogrammen der KfW