Immobilienpreise: Was sagt der Erschwinglichkeitsindex?
Die Preise für Immobilien bewegen sich seit Jahren tendenziell nach oben. Trotz phasenweiser leichter Rückgänge ist ein langfristiger Anstieg deutlich bemerkbar. Für Privathaushalte wird es offenkundig immer schwerer, eine selbst genutzte Immobilie zu erwerben. Das zeigt auch der Erschwinglichkeitsindex.
Die mahnenden Worte derjenigen, die vor einer Immobilienblase in Deutschland warnen, sind nicht zu überhören. Allerdings genügt es nicht, sich einfach die Preise anzuschauen. Welche Faktoren müssen noch zugrunde gelegt werden?
- Trotz steigender Immobilienpreise bleibt Wohneigentum netto bezahlbar.
- Inflationsbereinigung zeigt gleichen Stand wie vor 40 Jahren.
- Niedrige Zinsen und stabile Löhne halten Immobilien erschwinglich.
Die aktuelle Situation
Um eine realistische Einschätzung des Marktes zu erhalten, bedarf es auch der Berücksichtigung der Einkommensentwicklung in Deutschland und der inflationsbereinigten Betrachtung. Bezieht man diese beiden Faktoren mit ein, ergibt sich möglicherweise ein anderes Bild. Langfristige Zeitreihen verdeutlichen die Entwicklung.
Die folgende Grafik zeigt die Preisentwicklung für die Dauer zwischen 1975 und 2017. Die reine Kaufpreisentwicklung weicht von der inflationsbereinigten Preissteigerung deutlich ab:
Erst in den Jahren 2005 und 2006 kam es zu einer Trendwende, dass die nominalen Immobilienpreise die inflationsbereinigten Kosten überstiegen. Auf den ersten Blick könnte das bedeuten, dass der Immobilienerwerb günstiger geworden ist. Berücksichtigt man die Inflation, fand im Vergleich zu Anfang und Mitte der achtziger Jahre kein Preisanstieg statt.
Um zu ermitteln, ob die Erwerbskosten für Immobilien tatsächlich so extrem angestiegen sind, ist auch die Frage nach dem Nettoeinkommen ausschlaggebend. Übersteigt die Entwicklung des Einkommens die Entwicklung der Immobilienpreise, kann man sogar von einer faktischen Verbilligung sprechen.
Die Indizierung des Nettoeinkommens auf den Faktor 100 liegt, wie bei der Immobilienpreisentwicklung, ebenfalls im Jahr 2005. Die folgende Grafik zeigt, dass die Einkommen in Deutschland stetig angestiegen sind:
Immerhin lag das durchschnittliche Nettoeinkommen in Deutschland im Jahr 2017 fast 25 Prozent über dem Stand im Jahr 2007. Ein Blick auf die Entwicklung der inflationsbereinigten Immobilienpreise zeigt, dass diese weit hinter der Einkommensentwicklung liegen.
Setzt man die Einkommensentwicklung mit der Kaufpreisentwicklung in Relation, ergibt dies den Erschwinglichkeitsindex. Dieser besagt, wie hoch die Einkommensbelastung für den Immobilienkauf ausfällt. Wichtig bei der Betrachtung der folgenden Grafik ist, dass die Erschwinglichkeit umso eher gegeben ist, je höher der Index ausfällt.
In den Jahren 2010 und 2011 war der Kauf einer Immobilie für deutsche Privathaushalte am leichtesten zu stemmen, wird seitdem jedoch wieder etwas schwieriger.
Was führte zum Abschwung des Erschwinglichkeitsindex?
Während in den Jahren bis 2011 die Immobilienpreise leichte Abwärtstendenzen aufwiesen, zogen die Einkommen nach wie vor an, die Niedrigzinsphase als Folge der Finanzkrise nahm ihren Beginn. Steigende Einkommen, fallende Zinsen und ein moderater Immobilienmarkt ermöglichten es vielen Verbrauchern, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Dieser Traum war weiterhin realisierbar, da den inzwischen explosionsartig gestiegenen Immobilienpreisen Baufinanzierungszinsen auf fast Null-Niveau gegenüberstanden. Inzwischen kommen die steigenden Nettoeinkünfte aber nicht mehr den steigenden Immobilienpreisen hinterher, sodass der Erschwinglichkeitsindex, der sich aus den Einkünften und den Preisen berechnet, schwächelt.
Ausgaben für Immobilien steigen
Allerdings war irgendwann ein Punkt erreicht, der ein weiteres Nachgeben der Zinsen nicht mehr möglich machte, die Nachfrage nach Immobilien dagegen besteht ungebrochen. Der Arbeitskreis Gutachterausschuss in Berlin stellte fest, dass aufgrund des Preisanstiegs im Jahr 2017 mit 237,5 Milliarden Euro rund 25 Prozent mehr Geld für Immobilien ausgegeben wurde, als noch im Jahr 2015. Die Zahlen belegen, dass 7,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf den Umsatz mit Immobilien entfallen. (2)
Im Umkehrschluss kann der Erschwinglichkeitsindex trotz einbrechender Immobilienmärkte fallen. Dies geschieht, wenn die Zinsen zweistellig ausfallen und die Einkommen stagnieren, wie in den achtziger Jahren.
Wie geht es weiter?
Natürlich kann man auf diese Frage keine belastbare Antwort geben, sondern nur eine Vermutung auf Grundlage der Vergangenheit anstellen. Die deutsche Wirtschaft „brummt“, die Arbeitsmarktlage und damit die Einkommenssituation sind stabil. Dieser Faktor fördert natürlich nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Finanzierung von Immobilieneigentum.
Die Bundesregierung hat mit ihrem Baukindergeld für Familien zusätzliche finanzielle Anreize zum Kauf einer Immobilie geschaffen. Die Wohnungsbauprogramme hinken dem tatsächlichen Bedarf hinterher.
Das alles sind Faktoren, die dafür sprechen, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien ungebrochen bleibt, die Preise folglich weiter steigen werden. Das Risiko einer Immobilienblase ist solange eingedämmt, als die Konjunktur stabil bleibt. Kritisch wird es, wenn dieser Zustand wieder kippt und die ersten Erwerber ihre Darlehen aufgrund eines Arbeitsplatzverlusts nicht mehr bedienen können. Die für 2019 vermutete Anpassung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank dürfte sich allerdings nicht auf die Nachfrage auswirken.
Quellen und weiterführende Links
(1) Kreditvergleich.net – Entwicklung der Immobilienpreise und Nettoeinkommen in Deutschland
(2) Focus Online – Der deutsche Traum vom Eigenheim ist ausgeträumt