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Der EZB-Abstimmungsmodus – die umstrittene Rotation

Inhaltsverzeichnis

Skulptur des Euro Symols vor Hochhaus
© Fotolia – VRD

Mit dem Anwachsen der Zahl der EU-Mitglieder in der EZB greift seit dem Jahr 2015 eine recht umstrittene Form der Abstimmung. Zwar sind bei den EZB-Ratssitzungen alle Mitgliedsländer vertreten, Stimmrechte haben aber nur insgesamt 15 Ländervertreter.

Besonders ein Umstand wurde bemängelt. Einige Politiker sahen und sehen die Gefahr, dass Deutschland, welches den größten Anteil an der EZB halte, bei den Abstimmungspausen des Bundesbankchefs schlicht seine Interessen nicht mehr wahrnehmen kann.

Eine Rotation war bereits in den Statuten der EZB festgeschrieben und legte von Beginn an fest, dass ab einer Mitgliederzahl von 18 Staaten nur noch rotierend abgestimmt wird. Bereits im Vorfeld stieß dieses System auf harsche Kritik, wie die F.A.Z. in ihrer Ausgabe vom 14.6.2014 berichtete.

Im März 2016 muss der Bundesbankpräsident Jens Weidmann bei der Abstimmung pausieren. Dies ist in den Augen einiger Politiker umso bitterer, als die Deutsche Bundesbank als größter Kapitalgeber der Europäischen Zentralbank fungiert. Seit Januar 2014 stellte sich der Verteilungsschlüssel wie folgt dar:

Nationale Zentralbank Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB Anteil am voll eingezahlten Kapital
in % in %
Belgien 2,4778 3,5408
Deutschland 17,9973 25,7184
Estland 0,1928 0,2755
Finnland 1,2564 1,7954
Frankreich 14,1792 20,2623
Griechenland 2,0332 2,9055
Irland 1,1607 1,6587
Italien 12,3108 17,5923
Lettland 0,2821 0,4031
Luxemburg 0,203 0,2901
Malta 0,0648 0,0926
Niederlande 4,0035 5,7211
Österreich 1,9631 2,8053
Portugal 1,7434 2,4913
Slowakei 0,7725 1,1039
Slowenien 0,3455 0,4937
Spanien 8,8409 12,6338
Zypern 0,1513 0,2162
Gesamter Euroraum 69,9783 100
Bulgarien 0,859 –
Dänemark 1,4873 –
Kroatien 0,6023 –
Litauen 0,4132 –
Polen 5,123 –
Rumänien 2,6024 –
Schweden 2,2729 –
Tschechien 1,6075 –
Ungarn 1,3798 –
Vereinigtes Königreich 13,6743 –
Insgesamt 100 100

Stand: Januar 2014

 

Für die Abstimmung im Zentralbankrat werden aus den 18 Mitgliedsstaaten zwei Gruppen gebildet. Gruppe eins bilden die fünf größten Geldgeber Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande. Diese fünf Mitgliedsstaaten verfügen über vier Stimmrechte.

Die zweite Gruppe beinhaltet die übrigen Staaten, die Gruppe der verbliebenen Länder rotiert um elf Stimmen. Zu diesen 15 Stimmen (4 + 11) kommen noch die Stimmen der sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums.

Bei Mitgliederanstieg der EZB mehr Gruppen

Sollte die Zahl der Mitgliedsstaaten im Rat auf mehr als 22 Mitglieder ansteigen, steht die Bildung einer dritten Gruppe zur Diskussion.

In diesem Fall bleibt die erste Gruppe in der heutigen Form mit vier Stimmrechten erhalten. Die zweite Gruppe rekrutiert sich aus der Hälfte der heutigen zweiten Gruppe, ebenfalls nach Größe der Beteiligung gerechnet. In der dritten Gruppe finden sich die schwächsten Mitgliedsländer.

Gruppe zwei mit neun Mitgliedern (23 abzüglich fünf aus Gruppe eins geteilt durch zwei) hat in diesem Fall acht Stimmrechte, ebenfalls nach Rotationsprinzip. Die neue Gruppe drei rotiert mit drei Stimmrechten.

Keine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Rotationsprinzip

Natürlich liegt die Überlegung nahe, dass es im Vorfeld der Abstimmungen zu „Grüppchenbildungen“ kommt, die sicherstellen sollen, dass eventuelle nationale Interessen einer Zentralbank dann übergangen werden können, wenn das jeweilige Land gerade kein Stimmrecht hat.

Die Frage, weshalb es überhaupt zu einer Rotation kommt, wird von der EZB mit Effizienz bei der Abstimmung begründet. Die Entscheidungsfindung solle nicht an einer unübersichtlichen Anzahl Stimmberechtigter scheitern.

Ob an dieser Aussage etwas dran ist, sollte jeder für sich selbst beurteilen, wenn er sich den Ablauf einer EZB-Sitzung vor Augen hält.

Die Sitzungsmodalitäten

Jeder Notenbankchef wird noch von einer weiteren Person begleitet. Es finden sich also 42 Vertreter der Nationalbanken ein.

Zunächst übernimmt Peter Praet, als Chefvolkswirt der EZB Mitglied des Direktoriums, die Einleitung der Sitzung. Im Anschluss äußern sich die Chefs der Notenbanken, bevor Mario Draghi das Wort ergreift.

Üblicherweise übernimmt er es, die Diskussion, wenn notwendig, in die Richtung zu lenken, die er wünscht. Kommt es zur Abstimmung, sitzen nach wie vor 48 Personen, die Vertreter der nationalen Banken und das Direktorium am Tisch.

Für den Laien stellt sich die Frage, wo der große Unterschied liegt, 21 Stimmen oder 27 Stimmen auszuzählen. Unübersichtliche Mehrheitsverhältnisse, wie die EZB als Begründung für die Rotation anführt, würde es bei 27 Stimmen ebenfalls nicht geben.

Die EZB führt darüber hinaus folgende Begründungen für das Rotationsprinzip an:

  • Effizienz bei der Abstimmung trotz wachsender Mitgliederzahlen.
  • Sicherstellung der Teilnahme aller Mitglieder
  • Das Prinzip, pro Mitglied eine Stimme.
  • Die Stimmberechtigten sollen repräsentativ den gesamten Euroraum widergeben.
  • Kontinuität auch bei wechselnder Zusammensetzung des Gremiums.
  • Transparenz

 

Die Gründe mögen schön und gut klingen – beantworten die Frage, weshalb dies erst durch das Rotationsprinzip sichergestellt sei, aber in keiner Weise und haben den faden Beigeschmack der Verschleierung. Für nicht-involvierte Personen wird der tatsächliche Grund im Dunkeln bleiben.

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