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August 30, 2021 von: Die Redaktion

Darum parken Banken trotz Strafzinsen Geld bei der EZB

Ausfallgefährdete Kredite durch Coronavirus
© Alexander Limbach/ stock.adobe.com

Verbraucher, die bei einigen Banken aktuell mehr als 100.000 Euro auf dem Konto liegen haben, werden von den Instituten mit 0,5 Prozent “Strafzinsen” pro Jahr belegt. Die Konsequenz ist, dass die Bankenkundschaft entweder bei einem anderen Institut ein weiteres Konto eröffnet um Beträge über 100.000 Euro dort zu parken, oder das Geld lieber noch unter das Kopfkissen legt. Anders verhält es sich bei den Kreditinstituten. Diese wählen teilweise bewusst den Weg der Strafzinsen. Warum?

Wichtigste Details

Das Wichtigste in Kürze:

  • Banken können Strafzinsen auf Guthaben bei der EZB durch Negativzinsen bei TLTRO-III Krediten teilweise kompensieren.

  • Sechsfacher Mindestreservebetrag als Freibetrag auf EZB Einlagen.

  • EZB-Einlagen als Alternative zur Vergabe risikobehafteter Kredite.

  • Hohes Einlagevolumen bei den Sparkassen führt zu massivem Passivüberhang und zu hohen EZB-Einlagen. 

Die Situation in der Bankenwelt

Seit der Finanzkrise sieht es am Kapitalmarkt für alle Beteiligten recht düster aus. Einzig Kreditnehmer können über historisch niedrige Zinsen jubeln.

Mit Beginn der Krise war die Europäische Zentralbank (EZB) gezwungen, die schwache Konjunktur von außen am Leben zu halten. Dies geschieht aus Bankensicht dadurch, dass die Kreditzinsen so gering wie möglich angesetzt werden.

Unternehmen können günstige Darlehen aufnehmen, investieren, Verbraucher haben die Möglichkeit, konsumgüter preiswert zu finanzieren – die Konjunktur wird angeschoben.

Leider dauert dieser Prozess nicht nur in der Eurozone jetzt, Stand August 2021, schon einige Jahre. Die EZB war und ist gezwungen, immer mehr billiges Geld in den Markt zu pumpen, damit die Banken dieses Geld als billige Kredite ausleihen.

Das Risiko einer schwächelnden den Wirtschaft ist allerdings, dass Kredite eher notleidend werden, da die  Gewinnaussichten der Unternehmen nicht als belastbar gelten. Für private Haushalte gilt, dass eine schwache Konjunktur auch einen instabilen Arbeitsmarkt mit sich bringt, Arbeitsplatzverluste und damit offene Raten nicht auszuschließen sind.

Für die Banken bedeutet es also abzuwägen, ob sie ihre freien Gelder lieber in möglicherweise irgendwann gefährdete Kredite investieren oder die Gelder bei der EZB belassen und darauf Zinsen zahlen.

Diese Fragestellung wäre allerdings zu einfach, denn die Kreditinstitute können nicht nur Gelder bei der EZB parken, sondern auch Kredite aufnehmen. Und hier birgt die aktuelle Situation eine Besonderheit. Das Stichwort lautet TLTRO-III Kredite. Was verbirgt sich dahinter?

TLTRO-III Kredite – endlich mit Schulden Geld verdienen

Die EZB stellt seit einigen Jahren im Rahmen von TLTRO-Krediten den Banken Gelder zur Verfügung. TLTRO steht für “targeted longer-term refinancing operations”, langfristige Refinanzierungsgeschäfte.

Der dritte Tender, TLTRO-III zeichnet sich dadurch aus, dass die EZB auf die vergebenen Kredite Zinsen bezahlt, nicht erhält. Genaueres dazu findet sich in dem Beitrag “GLRG und TLTRO der EZB” (1).

Die folgende Tabelle zeigt, wie viel die Banken im Jahr 2020 durch eine Kreditaufnahme bei der EZB verdient haben, die Strafzinsen allerdings noch nicht gegengerechnet:

Kreditinstitut Erträge aus TLTRO III in 2020 in Mio. EUR Erträge aus TLTRO III im 1. HJ 2021 in Mio. EUR
Aareal Bank 11,00 12,00
Apo Bank 30,00  
BayernLB 13,00 164,00
Berlin Hyp   46,50
Commerzbank 126,00 254,00
Deutsche Bank 110,00 282,00
Deutsche Kreditbank (DKB) 14,00 105,00
Deutsche Pfandbriefbank 20,00  
DZ Bank 41,00  
Hamburg Commercial Bank 8,00 15,50
Helaba 34,00 45,00
HypoVereinsbank   108,00
KfW 35,00  
Landesbank Berlin 23,50  
LBBW 61,00 110,00
Münchener Hypothekenbank 10,00  
Nord/LB 2,00  
NRW.Bank 81,90  
Postbank   126,00
PBB   19,00
Santander Consumer Bank 6,80  
UniCredit Bank 113,00  
Volkswagen Bank 13,4  
Gesamt 753,6 1.287,00

Letztes Update am 25.08.2021, Quellen: eigene Recherchen, Finanz-Szene.de

SurftippMehr über das TLTRO-III-Programm der EZB

Nur so viel sei gesagt: Wenn eine Bank ein Darlehen aufnimmt und der Geldgeber darauf ein Prozent Zinsen pro Jahr zahlt, sie das Geld bei dem Geldgeber belässt und dafür 0,5 Prozent Strafzinsen entrichtet hat sie, richtig, 0,5 Prozent daran verdient ohne jedes Risiko.

Sehr einfach formuliert ist das der Grund, weshalb Banken Geld bei der EZB parken und darauf auch noch Zinsen bezahlen. Wer jetzt die Frage in den Raum wirft, wie naiv ist die Europäische Zentralbank eigentlich, wird von dem einen oder anderen Kritiker von TLTRO-III die Antwort erhalten: Ziemlich naiv.

Passivüberhang – das Beispiel Sparkassen

Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb Banken über die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreservehaltung (2) Guthaben bei der EZB halten.

Die Deutschen tendieren dazu, nach wie vor sehr viel Geld auf Tagesgeldkonten und Sparbüchern zu halten. Dies lässt sich am Beispiel der Sparkassen sehr schön nachverfolgen.

Fakt ist, dass 84 Prozent der Sparkassen im Jahr 2020 weniger Kredite vergaben, als ihnen an Geldern durch Kundeneinlagen zur Verfügung standen. Diese Situation nennt man einen Passivüberhang. Die Passiva der Bilanz, die Einlagen, übersteigen die Aktiva, die vergebenen Kredite.

Bei den Sparkassen explodierte der Passivüberhang in den Jahren zwischen 2012 und 2020 regelrecht. Er stieg von 100 Milliarden Euro auf 169 Milliarden Euro (3).

Bedienhinweis: Einzelne Datenreihen lassen sich durch Klick auf die betreffende Überschrift aus- und wieder einblenden.

Quellen:


Werte von

Für eine Bank  stellt sich immer die Frage, was sie mit den Einlagen ihrer Kunden macht. Idealerweise leiht sie diese Gelder als Kredite an andere Kunden mit bester Bonität aus. Die Gelder sind sicher, Verluste sind nicht zu befürchten.

Nun kann aber die Situation eintreten, dass nicht ausreichend Kunden mit bester Bonität einen Kredit benötigen. Es müssen also andere Wege gefunden werden, um die freien Gelder zu investieren. Dabei steht immer das Abwägen von Chancen und Risiken im Vordergrund.

Bietet der Markt nicht genügend Alternativen, bleibt den Unternehmen nur das Parken der Gelder bei der EZB, trotz Strafzinsen.

Freibetrag mindert Strafzinsen

Nun ist es aber nicht so, dass die Banken Kredite ohne Ende bei der EZB aufnehmen können, um mögliche Strafzinsen zu überkompensieren. Die TLTRO-Tranchen sind maximiert.

Allerdings steht den Banken ein Freibetrag zur Verfügung auf den keine Strafzinsen gezahlt werden müssen. Das Mindestreservesoll beträgt ein Prozent der Sichteinlagen, der Freibetrag die sechsfache Mindestreserve. Die Kombination aus Freibetrag und TLTRO-III kann bei entsprechender Steuerung der Einlagen bei der EZB folglich zu einem Zinsüberschuss durch die Kreditaufnahme führen.

Damit wird ersichtlich, weshalb Guthaben bei der EZB  für die Banken trotz Strafzinsen eine attraktive Lösung sind.

Weiterführende Informationen

  1. Was die Banken an TLTRO-III tatsächlich verdienen – Kreditvergleich.net

  2. Was bedeutet Mindestreservehaltung? – Deutsche Bundesbank: Mindestreserven

  3. Die Entwicklung des Passivüberhangs bei den Sparkassen – Konto.org: Aktiv- und Passivüberhang

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